Hier sind wir:

Berichte von unserer Reise durch Zentralamerika 2017

Kuba

13. März 2017: Tag 1: Abflug nach Havanna: Aller guten Dinge sind drei

Montagmorgen, acht Uhr. Noch etwas verschlafen geht es in Richtung Gleis drei vom Bahnhof Schlieren. Das Perron ist voll, es scheint ein normaler Start in die Arbeitswoche zu sein. Einziges Detail: Statt Handtasche (oder Plasiktsack…) mit allem (Un)Wichtigen sind wir mit 15 Kilo schweren Rucksäcken bepackt. Und das Ziel heisst nicht Oerlikon oder Stauffacher, sondern Havanna. Umsteigen in Paris, statt Hardbrücke.

 

Wir sind früh dran. Zwei Stunden vor Abflug erreichen wir Terminal 2 - und das obwohl wir am Vorabend bereits eingecheckt haben. Vielleicht zu früh? Egal, Alessandra ist ja dabei, mit ihr können wir anschliessend einen Kaffee trinken und frühstücken. Die Schlange vor der Gepäckaufgabe von AirFrance ist sehr kurz, wir kommen gleich dran - und müssen auch sofort wieder weg. Fabians Schuhe am Rucksack angebunden, das geht so nicht! Erstmal mit Plastikfolie das ganze Ding einpacken lassen und nächster Versuch, die beiden Ungetüme abzugeben. 

 

Jetzt sind wir beim etwas besser gelaunten jungen Herr. „Kuba? Da war ich vor ein paar Wochen. War toll! Kann ich noch eure Touristenkarten sehen?“ Touristenkarte? Davon wissen wir nichts, und schliesslich haben wir uns beim Reisebüro extra nach Visa oder sonstigen Einreisebedingungen erkundigt. Bis auf das Einfuhrverbot von mehr als 5000USD (wir haben schweren Herzens also das kleine Portemonnaie eingepackt) war da aber nichts. Aber tatsächlich: Ohne Touristenkarte keine Einreise. Wir werden ausgecheckt und das Gepäck wir uns wieder vor die Füsse gestellt. Die gute Nachricht: Um die Ecke kann man eine solche Karte kaufen. Im zweiten Reisebüro klappt’s dann auch. An dieser Stelle herzlichen Dank an STA Travel für die kompetente Beratung (und eure postwendende Entschuldigung).

 

Aller guten Dinge sind drei. Beim dritten Anlauf konnten wir endlich Einchecken und wir dürfen tatsächlich losfliegen. Mit frühstücken wird aber leider nichts mehr —> von wegen zu früh am Flughafen.

 

Tag 1,5. Bienvenido a La Habana

Nach einem relativ angenehmen, wenn auch spärlich befütterten Flug, landen wir sechs Filme später um 19:30 Uhr Ortszeit in der kubanischen Hauptstadt. Und bereits bei der Gepäckentnahme wird einem klar, dass dieses Land noch nicht so lange Zeit als Touristenhochburg gilt. Das Rollband ist gefühlt 5 Meter gross - kein Wunder, dass es für die Passagiere einer rund 470-Platz-Maschine eher eng wird. Sein Gepäckstück muss man sich hart erkämpfen - aber auch diese Hürde nehmen wir.

 

Danach werden wir von einem Fahrer unserer Casa Particular abgeholt und ins Stadtzentrum gebracht. Unterwegs lernen wir: Kuba ist schön, sicher, warm und gut im Baseball. Allerdings könnte es noch besser sein, aber die besten Werfer dürfen nicht für die Nationalmannschaft spielen - weil sie in der US-Profiliga spielen verweigert ihnen Uncle Sam die Ausreise in Richtung des nach wie vor boykottierten Kuba. Der Fahrer ist nett, aber Real Madrid Fan.

 

Vor der Casa Mabel angekommen wartet die Frau von unserem Kontakt Yosvani und erklärt dem Fahrer, dass die Casa-Besitzerin nicht da sei. Dabei wisse sie ja, dass wir ankommen! Sofort wird uns aber eine andere Unterkunft um die Ecke angeboten. Eine typische Masche, wie sich die Casas gegenseitig Touristen wegnehmen. Da wir aber sowieso über eine Drittperson gebucht haben und wir sogar 30 statt 35 CUC (Pesos Convertibles, Kubas Touristenwährung, ein CUC ist ungefähr einen Franken Wert) bezahlen, ist es uns relativ egal. Ausserdem sind wir froh, uns bald mal hinlegen zu können.

 

14. März 2017: Tag 2 - Havanna: Hasta la Cooperativa siempre

Havanna ist in etwa so, wie man sich eine Grossstadt in Kuba vorstellt - und dennoch muss man sie selber gesehen haben. Laut, viele Menschen auf der Strasse, bunte und schöne Bauten und vor allem die berühmten Oldtimer. Die Leute wirken herzlich und offen. Einziger Wehrmutstropfen: Auf der Strasse kommt man kaum mit jemandem ins Gespräch, ohne dass er von einem profitieren will. Kaum sind wir einen Block von La Habana vieja, der Altstadt, entfernt, quatscht uns ein Kubaner mit Italien-Shirt an. Hinter ihm stehen etwa zehn seiner Landsleute um einen Imbiss und schauen durch Gitterstäbe in einen (geschätzt) fünf Zoll Fernseher. „Baseball“, ruft er uns fröhlich zu. Nach dem üblichen Smalltalk wird uns erstmals die frohe Botschaft überbracht: „Ihr habt grosse Glück. Gestern und heute haben die Cooperativos, eine Art Fabrik-Outlet, Aktion. Zigarren und Rum erhaltet ihr zum halben Preis. Diese Chance gibt es nur an zwei Tagen im Monat. Kommt mit, ich zeig’s euch.“ Wir lehnen dankend ab, zuerst wollen wir uns etwas in der Stadt umsehen. Rund eine halbe Stunde später hören wir wieder: „Woher seid ihr? Wann seid ihr gekommen? Gestern? Habt ihr ein Glück, nur noch heute ist in den Cooperativos alles viel günstiger. Sollen wir zusammen hin?“ Sind wir nicht. Genauso wenig liessen wir uns zwei Pack Milchpulver (angebliche Ration für ein Jahr) für 65 CUC aufschwatzen, mit dem wir einer bedürftigen Familie helfen sollten. Spätestens in Viñales wurde wir bestätigt, dass wir nicht so herzlos sind, wie wir uns kurz fühlten - eine solche Packung kostet im (auch für Kubaner zugänglichen) Supermarkt 2,65 CUC.

 

Wo wir aber hin sind: Via dem imposanten Capitolo, malerischen Gassen und den hübschen Parks an einen Futsalmatch der höchsten Spielklasse der Provinz La Habana. Rund dreihundert Zuschauer verwandeln die Halle mit dem süssen Namen „Kid Chocolate“ am Dienstagmittag in ein Tollhaus (wenn Havannas Nummer 10 mal wieder zwei Gegner gleichzeitig schwindelig spielt). Danach heissen die Stationen unter anderem Plaza de Armas, und Plaza de la Cathedral. Zwischendurch ruft uns mal wieder einer zu: „Lass uns zu den Cooperativos gehen, ist günstig heute!“ Als Mischung von Mittag- und Abendessen gönnen wir uns die typisch kubanische Spezialität: Irgendein Fleisch mit Bohnenreis, grünen Bohnen, Gurken und ein paar Salatblättern. Wir ahnen schon. Das mit dem Essen könnte eintönig werden. Kurios: Der Typ, der uns an der Strasse anquatscht und ins Restaurant begleitet, kann tatsächlich dafür sorgen, dass wir 10 CUC bezahlen, statt die 15 CUC, die in der Menükarte angeschrieben sind. Dafür müssen wir etwas gar lange aufs Essen warten - nach mehr als einer Stunde fragen wir schüchtern nach etwas Brot - ist ja nicht so, als wären wir nicht schon halb verhungert in den Laden gekommen. Eine Viertelstunde später haben wir dann das Essen auf dem Tisch.

 

Am späten Nachmittag setzen wir uns in eine Bar, wo angeblich Buena Vista Social Club einen Exklusivauftritt haben sollte. Bei einem einheimischen Bier und Salsamusik fühlen wir uns so richtig in Kuba angekommen. Ausserdem erfahren wir, dass der Keyboardspieler tatsächlich zur weltberühmten Band gehören soll - und zudem 90 Jahre jung ist. Die Gelegenheit, vom nicht jünger aussehendem Tuba-Meister Santiago eine einstündige Salsalektion zu absolvieren, sollten wir verpassen. Schade, eigentlich. Das Lokal ist übrigens im Herzen des Viertels rund um die Kathedrale und nahe der Plaza de Armas. Die schmalen und hübschen Gassen, die vielen einladenden kolonialgebauten Kaffees und Bars, ein Restaurant mit Dachterrasse mit spektakulärem Blick über die Bucht, die Festung und Christus-Statue auf der anderen Seite, sowie die entspannte Athmosphäre machen das Quartier zu unserem Lieblingsviertel Havannas.

 

15. März 2017: Tag 3 - Havanna: Besser bezahlen als der Staat

Am zweiten Tag geht es zur Abwechslung mal nicht in Richtung La Habana Vieja, sondern zum Revolutionsplatz. Der Platz an sich ist eigentlich unspektakulär, die überdimensionalen Gesichter von Fidel Castro und Che Guevara auf den Häusern direkt dahinter, gemeinsam mit der Vorstellung, dass „El lider Maximo“ hier auf dem rappelvollem Platz zu seinem Volk gesprochen hat, macht den Ort aber durchaus zu etwas Speziellem. Später besichtigen wir den riesigen Friedhof von Colon, bevor es zurück in Richtung La Habana Vieja geht.

 

Auf dem Heimweg gehen wir durch das afrokubanische Viertel, das auch für kubanische Verhältnisse doch sehr heruntergekommen scheint. Weil wir doch noch sehr weit von unserer Casa entfernt sind, entschliessen wir uns spontan zu einer Mitreise mit einem sympathischen Velotaxifahrer. Im richtigen Leben arbeitet der 29-Jährige im Spital, zu einem Monatslohn von rund 20 Franken - dazu kommt noch maximal 10 Franken Nachtzulagen. Das reicht natürlich niemals, um seine Frau und seine kleine Tochter durch den Monat zu bringen, deshalb beteiligt er sich an Folklore-Projekte und fährt vor allem Velotaxis. Mit unserer 20-minütigen Fahrt verdient er 4 Franken - mehr als 10 Prozent von seinem monatlichen Einkommen. 

 

Vor dem anschliessenden Nachtessen im empfehlenswerten Restaurant Blanco y Negro (dort schlemmten wir ein leckeres Cordon bleu) besuchen wir kurz das Meer, aber die hohen Wellen, die an den Mauern aufprallen und so fast die ganze Strasse überschwemmen, schrecken uns von einem längeren Spaziergang ab. Den Abend lassen wir mit einem netten Gespräch mit Casa-Besitzerin Mady ausklingen - sie gibt uns wertvolle Tipps für die nächsten Wochen. 

 

16. März 2017: Tag 4 - Reise nach Viñales: Besser spät als nie

Entgegen aller Empfehlungen entscheiden wir uns, am morgen selbstständig zum Busbahnhof der staatlichen Gesellschaft Viazul zu reisen. 1. Sei die Anfahrt mit dem öffentlichen Bus sehr mühsam und 2. Sei eine Reise nach Viñales doch sowieso für die nächsten Tage ausgebucht. Wir versuchen es dennoch. 

 

Überraschend schnell kommt unser Bus Nr. 27, mit dem wir für 0,50 CUC pro Person rund 40 Minuten durch die ganze Stadt fahren dürfen. Der Bus ist randvoll, sodass unseren Rucksäcken der eine oder andere genervte Blick zugeworfen wird. Ups. Dennoch werden wir sehr freundlich behandelt. Ein Herr um die 130 weigert sich sogar, den von Salome offerierten Sitzplatz anzunehmen - die Señorita darf ruhig sitzen bleiben. Als wir am Busbahnhof ankommen, ruft fast der ganze Bus im Chor: „Das ist Viazul, hier müsst ihr raus.“

 

Vor dem Gebäude des Busbahnhofes stürzen sich gleich mehrere dubiose Gestalten auf uns: „Taxi collectivo nach Viñales? Nur 20 CUC pro Person, die Busse sind eh alle ausgebucht.“ Wir überlegen, entscheiden uns aber, unserer Linie „Risiko“ treu zu bleiben. Gleich nach dem Eingang stellen wir uns in die Warteschlange, überraschenderweise warten wir keine fünf Minuten. Doch die Antwort der Schalter-Angestellten hat eine negative Überraschung parat: „Tickets für heute? Treppe hoch und rechts. Hier kann man nur vorbestellen und für morgen sind alle Plätze nach Viñales vergriffen.“ Oh oooh. 

 

Die obere Halle, es ist der Abfahrtsbereich, ist voller Leute. Vor den beiden Schalter sind zwei lange Warteschlangen. Wir stellen uns an und warten geduldig. Nach rund 15 Minuten fällt auf: Einer der Schalter ist für den Check-in, der andere für Last-Minute-Tickets. Wo stehen wir? Richtig, wir müssen wechseln. Nach 20 Minuten anstehen fällt erstmals auf: Wir bewegen uns keinen Zentimeter vorwärts. Könnte damit zu tun haben, dass dieser Schalter gar nicht erst besetzt ist. Die Verkäuferin hatte den Arbeitsplatz zuvor mit ihrer Handtasche verlassen - und hält jetzt in der Halle gemütlich ein Schwätzchen. Dass rund 25 Leute anstehen? Geschenkt. Irgendwann entschliesst sich die gute Dame doch wieder, auf ihrem Stuhl Platz zu nehmen, die Energie reicht aber gerade mal für zwei Kunden. Danach ist der Schalter erst mal wieder zu und es geht sicher eine Viertelstunde gar nichts mehr. Und jetzt wird es richtig grotesk: Die Angestellte kommt zurück, setzt sich hin, ignoriert den hoffnungsvollen Blick des Paares ganz vorne in der Schlange gekonnt, sagt dem Arbeitskollegen von Abteilung Check in etwas, lacht, und verschwindet wieder. Für die nächste halbe Stunde sieht man sie überall, aber nicht am Verkaufsschalter. 

 

Über eine Stunde stehen wir schon in der Halle, ohne einer Ahnung, ob überhaupt noch Tickets für einen der beiden Busse nach Vitales verfügbar sind. Diese kostbare Information erhält man nämlich erst, wenn man selber ganz vorne am Schalter steht. Und dieser scheint derzeit weiter weg zu sein als Schlieren. Doch Hoffnung keimt auf - langsam bewegt sich was. Die gute Dame hat tatsächlich begonnen ein paar Touristen abzufertigen. Die Frequenz wird höher, ihre Pausen kürzer. Unterdessen freunden wir uns mit Kanadiern hinter uns in der Warteschlange an und helfen verlorenen Yankees vor uns mit der Info, dass sie für ihren Check-in Schalter wechseln dürfen - und wissen damit mehr, als der Check-in-Angestellte, der sie tatsächlich über eine Stunde am falschen Schalter warten liess. Jetzt stehen wir weit vorne, nur noch drei Leute vor uns. Dann ertönt die schrillende Stimme der Angestellten: „Leute nach Cienfuegos? Nur noch Leute nach Cienfuegos!“ Der erste Schreck legt sich, weil es nicht die einzig verfügbaren Tickets sind, sondern der Bus in das beliebte Touristenziel kurz vor der Abfahrt steht. So müssen wir auch nicht lange warten, bis diese ihre Tickets kaufen können und wir an der Reihe sind. Und plötzlich, so paradox es klingt, beginnt der Stress. „Schnell, eure Pässe. Schnell, schnell!“, hetzt die „Angestellte des Monats“ plötzlich. Uns ist’s egal: Wir kaufen die Tickets und können sogleich in den 11:20 Bus in Richtung Viñales einsteigen.

 

Die dreistündige Reise durch schöne Landschaften verläuft ruhig - am Nachmittag kommen wir in der Stadt mit 5000 Einwohnern und gefühlten 2,4 Millionen Touristen an. Leider verteilen sich die Touris in diesem kleinen Städtchen nicht so gut, wie in der Metropole Havanna. Das grosse Treiben findet um den Parque Central statt, aus dem entweder aus Lautsprechern oder von Live Bands permanent Musik dröhnt. Nach einem kurzen Spaziergang, bei dem wir das atemberaubende Valle de Viñales zumindest oberflächlich kennenlernen, geniessen wir zur Abwechslung vor lauter Fleisch und Bohnenreis eine Pizza und lassen uns danach in der Casa Luis y Mamita nieder. Vor dem Schlafengehen lernen wir noch von Luis: Schulen und Arztbesuche sind seit der Revolution in ganz Kuba gratis. Er bedauert zwar den US-Boykott, ist Fidel aber für seine Errungenschaft, gemeinsam mit Che Guevara Kuba zu befreien, sehr dankbar.

 

17. März 2017: Tag 5 - Viñales: Lost in Paradise

Wir erwachen früh, so gegen sechs Uhr. Nicht vor Nervosität angesichts der anstehenden Tour, sondern vom Gekrähe der geschätzt 84’000 Hähnen rund um unsere Casa. Die Isolation der Fenster erübrigt sich, weil in ganz Kuba die meisten Casas keine Fensterscheiben haben, sondern nur Rolladen für Privatsphäre sorgen. Nach einem reichhaltigen Frühstück mit brillanten Empanaditas (wie es der Name schon sagt, kleine Empanadas, gefüllt mit Konfitüre), einer Omelette, Brot, Käse, Schinken und frischen Früchten treffen wir unsere neuen Freunde aus Kanada vor dem Parque Central. Gemeinsam mit Ali und Morro (kurios: einer ist Moslem, der andere findet Trump irgendwie gut) wollen wir eine Taxi-Tour durchs Valle de Viñales unternehmen. Wir stellen uns das so unromantisch vor wie es tönt, aber wir versprechen uns durch diese Tour immerhin ein paar schöne Orte zu sehen, wo wir dann am Nachmittag oder am nächsten Tag wandern gehen können.

 

Der Ausflug beginnt mit zweistündiger Verspätung, weil Ali total geschlagene drei Stunden vor dem Wechselbüro warten muss. Auch hier ist das Prozedere zumindest gewöhnungsbedürftig. Die Türsteher liessen immer sechs Einheimische, dann wieder einen Tourist ins Büro, und als Ali endlich am Schalter steht, muss der Angestellte die Seriennummer auf jeder einzelnen Banknote im Computer eintippen um die Echtheit zu prüfen. Schlange stehen ist in Kuba aber sowieso en Vogue. Auch vor dem Supermarkt stehen die Leute bis zu zehn Meter ausserhalb des Ladens an - um dann drin vor halbleeren Regalen und mickriger Auswahl zu stehen (die Snack Auswahl begrenzt sich auf Chips).

 

Der ruhige aber sympathisch wirkende Fahrer bringt uns zuerst zur „Cueva del Indio“, also der Höhle des Indios. Auch hier dürfen wir anstehen, das flotte Vorwärtskommen unter den Stalaktiten lässt einem die Wartezeit aber weniger als die tatsächlichen 45 Minuten vorkommen. Auch das Gespräch zwischen den Kanadiern mit zwei älteren, herrlich selbstironischen US-Amerikanern ist ziemlich unterhaltsam. Einer von ihnen war Journalist und arbeitete in der Presseabteilung der Navy während dem Irakkrieg. Wie unzufrieden er mit seiner Regierung war, äusserten er und sein damaliger Arbeitskollege, indem sie jede Pressemitteilung mit einem zynischen „defending democracy“ abschlossen. „Bis heute hat keiner gemerkt, dass wir Bushs Slogan ins Lächerliche zogen. Wahrscheinlich waren die sogar noch Stolz auf diesen Satz“, so der Rentner lachend. 

 

Auch ansonsten ist die Höhle, inklusive der knapp 20-minütigen Bootstour, kurzweilig, wenn auch nicht so spektakulär, wie sie zuvor angepriesen wurde. Die Bilder, welche die Felswände hergeben (hier mal eine Champagnerflasche, da eine Schlange, einen Indio oder Tabakblätter), sind jedoch beeindruckend. Der zweite Halt findet vor dem „Muralla de Prehistoria“, der Wand der Vorgeschichte, statt. Dabei handelt es sich um eine überdimensionale Zeichnung an einer Felswand, die Dinosaurier, Menschen und Tiere darstellt, flankiert von einer Landschaft atemberaubender Schönheit. Ein hübsches Fotomotiv, bald fahren wir aber weiter, zu einer familiengeführten Tabakplantage.

 

Dort erfahren wir alles über den Prozess, wie eine typisch kubanische Zigarre hergestellt wird. Selbstverständlich ohne die zusätzlichen Giftstoffe, die von den Fabriken zwecks Massenproduktion verwendet werden. Und, dass Tabak eine zentrale Gemeinsamkeit mit Frauen hat, wie der Tabakbauer verrät: „Beide sind sehr kompliziert.“ Wir lernen, dass ein Tabakblatt fünf Stärken hat. Ganz unten sind die mildesten Blätter, oben die stärksten: „So kann man einen ‚Puro' ganz nach seinem eigenen Gusto herstellen.“ Zuerst werden übrigens die milden Blätter gepflückt - rund drei bis vier Monate nachdem sie gepflanzt wurden. Des Tabaks grösster Feind: Regen. Deshalb werden die Blätter unmittelbar nach dem Pflücken in einer Hütte gelagert und getrocknet. Sind sie soweit, werden sie von einem Cocktail mit beispielsweise Honig, Rum, Kohlensäurewasser und Zimt (die Zutaten variieren extrem von Familie zu Familie) übergossen und gewartet, bis die Blätter die Masse aufsaugen. Dann sind die Blätter bereit, zu einem Puro, einer Zigarre, verarbeitet zu werden. Wichtig: Der Stiel wird nicht verwendet, denn dort ist ausser 90% des Nikotingehalts des Blattes wenig zu holen. Wie gut die Dinger schmecken, dürfen wir an unserem Probeexemplar selber ausprobieren. Die Idee, den vorderen Teil der Zigarre in Honig zu tunken um den Tabakgeschmack zu versüssen, werden wir uns merken.

 

Frisch eingeraucht nehmen wir das Highlight der Tour in Angriff: Eine kleine Wanderung hoch zu einem Hügel, mit bestem Ausblick über das von Palmen, exotischen Pflanzen und Tabakfeldern besäte Naturschutzgebiet Valle de Viñales. Der Fahrer warnt uns: „Die Acuaticos (was zur Hölle das auch immer ist), das Ende des Pfades, ist 1500 Meter entfernt.“ Wir grinsen, was sind schon 1500 Meter? Bereits nach wenigen Metern Aufstieg bleibt uns fast die Luft weg - nicht vor Anstrengung, sondern vor Begeisterung. Der Blick über das Valle ist grandios. Und er wird noch besser, je höher wir steigen. Sogar von der Toilette relativ am Anfang des Weges geniesst man eine herrliche Sicht über die Landschaft, da keine Tür vorhanden ist. Die Aussicht übertrifft sich von Mirador zu Mirador (übersetzt Aussichtspunkt) und wir knipsen, staunen oder setzen uns hin und geniessen einfach Ruhe und Landschaft. Schon jetzt hat die unromantisch klingende Taxi-Tour unsere Erwartungen meilenweit übertroffen. Und wir ahnen da noch nicht einmal, dass der Ausflug noch lange nicht zu Ende ist.

 

Während Morro, aktuell in der kanadischen Army, immer lauter keucht, kämpfen wir uns immer weiter durch die steinigen und dicht bewachsenen Pfade, bis wir vor einem Zaun stehen - obwohl der Wegweiser zu den Acuaticos in diese Richtung zeigt. Wir wollen enttäuscht umdrehen, als ein Reiseführer mit einer Gruppe Deutschen fröhlich ruft: „Typisch Kuba. Hier dürfen Touristen nicht durch, obwohl ja nur Touristen hierher kommen. Also los, nur zu.“ Wir folgen und klettern über den Zaun. Schnell hängen wir den Kubaner mit seinem etwas meckernden Haufen ab und steigen immer höher. Längst sind die 1500 Meter hinter uns, von den Acuaticos (eine Quelle, ein Wasserfall, ein Fluss?) noch keine Spur. Irgendwann erspähen wir von weitem eine Lichtung. Da, jetzt haben wir es geschafft! Aber die Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten: Ein grosses Feld und ein noch grösseres Nichts um uns herum. Und zwei kleine Pfade. Einer führt nach links, der andere nach rechts. Wir gehen mal links, sieht irgendwie besser aus. Bald führt er zu einem weiteren Zaun, dieses Mal mit Stacheldraht. Es bleibt uns kaum was anderes übrig als auch über den zu klettern. Rund 45 Minuten Wanderung später (wir sind locker schon anderthalb Stunden in den Bergen zu Fuss unterwegs und das obwohl die komplette Taxi-Tour nur zweieinhalb bis drei Stunden hätte dauern sollen) ist endgültig klar: Wir haben uns klassisch verirrt. Denn auch die nächste Lichtung hat ausser einem Schwein, das an einen Baum gekettet ist, nichts zu bieten. Nichts, und eine nach wie vor wunderschöne Umgebung. Immerhin.

 

Wir geben die Hoffnung schon fast auf und erfreuen uns an der Tatsache, dass wir wenigstens noch etwas Wasser und Cracker haben und somit nicht auf der Stelle verhungern und verdursten, als wir in der Ferne eine Hütte entdecken. Da könnten diese Acuaticos doch sein! Wir steigen höher und höher, immer mehr oder weniger in Richtung Hütte, zur Abwechslung mal wieder über den einen oder anderen Stacheldrahtzaun. Richtig euphorisch werden wir, als wir die Hütte nur noch wenige Meter vor uns sehen. Etwas schüchtern laufen wir um das vor allem von Truthähnen, Hühnern und Rindern bewohnte Häuschen. Zu unserer Erleichterung sind auch zwei Männer da. „Die Acuaticos? Da seid ihr falsch. Folgt einfach diesem Pfad, alles runter, und dort seht ihr dann zwei blaue Häuser. Das sind die Acuaticos.“ Und zurück ins nächste Dorf? „Mindestens acht Kilometer.“ 

 

30 Minuten später erreichen wir tatsächlich die sagenumworbenen Acuaticos, die in Wahrheit zwei Familien sind, die hier in aller Ruhe ihren Kaffeebohnenbetrieb und ein kleines Kaffee führen. Vom Garten aus hat man einen tollen Blick über das ganze Tal. Danach beginnen wir endlich mit dem Abstieg und nach total mehr als dreistündiger Wanderung erreichen wir die Hauptstrasse, wo unser Fahrer eigentlich warten sollte. Da wir schon etwas länger als geplant unterwegs waren, haben wir nicht mehr damit gerechnet, dass er uns dort empfängt - und waren deshalb auch nicht enttäuscht, niemanden anzutreffen. Wir gehen also zu Fuss zurück ins Städtchen - ob dem Wegweiser der eine Distanz von vier Kilometern angibt zucken wir nur die Schultern. Auch das packen wir jetzt noch. Ca um 17:30, also knapp sieben Stunden nach Start, ist unsere Tour zu Ende. 

 

Zufrieden und mit dem Gefühl, dank dem Irrweg das Tal besser kennengelernt zu haben als einen Grossteil der Touristen, geniessen wir das Abendessen, setzen uns noch etwas in den Parque Central und lauschen den emotionalen Worten der Dorfbewohner, die anlässlich des 55-Jahre-Jubiläums der Revolution ihre Sicht auf die aktuelle Lage Kubas preisgeben. Kurz: Es wird dem Kommandant (Fidel) gedankt, das Land von der Tyrannei der USA befreit zu haben und daran erinnert, wie wichtig es ist, diese Arbeit fortzusetzen. Man will sich auch in Zukunft nicht der Diktatur der Weltmacht unterwerfen und seinen Prinzipien treu bleiben. Und sei der Preis dafür, auf viele Annehmlichkeiten zu verzichten. Bewundernswert. 

 

18. März 2017: Tag 6 - Cayo Jutias: Vamos a la playa

Es klingt vielversprechend: Weisser Sandstrand, blaues, klares Wasser. Cayo Jutias soll seine anderthalbstündige Fahrt auf „unglaublich schlechter Strasse“ (O-Ton unser Reiseführer) Wert sein. Gemeinsam mit den Kanadiern wollen wir das testen. Den Weg noch anspruchsvoller macht unser Fahrzeug, ein Peugeot vermutlich aus dem Jahr 1912. Als wir dann ans Ende der Bahia de Santa Lucia gelangen und auf das Meer blicken, halten wir schnell fest: Da hat sich jede Minute gelohnt. Überraschenderweise sind wir sogar nahezu alleine. Nur wenige Touristen haben sich an den selben Teil der Bucht verlaufen. 

 

Leider wird der Besuch durch eine höhere Macht getrübt: Das Wetter. Obwohl gemäss dem einheimischen Strandarbeiter ein sonniger Tag mit Wind von maximal 20Km/h vorausgesagt wurde, beginnt es nach etwa drei Stunden zu regnen. Dazu fegen Böen mit bis zu 50Km/h über den Strand. Wir packen unsere Sachen und stellen uns unter Bäume. Nach Abschiedsselfies mit Ali und Morro - die beiden werden unmittelbar nach Ankunft nach Havanna zurückkehren, denn ihre einwöchige Tour nimmt bald ein Ende - besteigen wir wieder unser Taxi particular und fahren gegen 15 Uhr zurück nach Viñales.

 

 

19. März 2017: Tag 7 - Reise nach Playa Larga: Fahrgemeinschaft a la Cuba

So schön es im touristischen Tal im Osten Kubas war, so sehr freuen wir uns jetzt auf die Halbinsel Zapata und seinen naturgeschützten Nationalpark. In einem Taxi collectivo sollen wir zuerst in Richtung Havanna fahren, dort auf einer Autobahnraststätte umsteigen und dann direkt nach Playa Larga, dem Ausgangspunkt für Ausflüge auf die Halbinsel, fahren. Um 9 Uhr geht es los. Wir sind ausgeschlafen, denn das morgendliche Hahnekonzert nehmen wir gar nicht mehr wahr. Wir haben uns bereits daran gewöhnt. Zufrieden schauen wir auf das heranholpernde Fahrzeug: Baujahr wohl um den ersten Weltkrieg. Den Tacho sucht man vergeblich. Es befindet sich dort nur ein Loch. Zur Sicherheit ein Tank Benzin unter dem Sitz. Weniger nach Lachen zu Mute ist uns, als der Fahrer den „Kofferraum“ aufmacht: Längs wurden zwei Bänke reingeschoben, sodass noch ein paar Passagiere mehr Platz nehmen können. Total sind es zwölf Reisende, exkl. Fahrer. Neben einer Asiatin und vis a vis einer Französin nehmen wir Platz - Beinfreiheit ist anders. Dennoch geniessen wir die Fahrt - ist schliesslich ein spezielles Erlebnis.

 

Zwei Stunden und überraschend wenige Holperer später (die Strassen sind gar nicht in so schlechtem Zustand) steigen wir um - dieses Mal dürfen wir in der Reihe unmittelbar hinter dem Chauffeur Platz nehmen. Viel mehr Platz haben wir aber nicht, was auch am stämmigen Franzosen neben uns liegen könnte. Dieses Fahrzeug ist nicht neuer oder grösser, dieses Mal schaffen es die effizienten Kubaner aber, 16 Menschen reinzubasteln. 

 

Total sechs Stunden nach Abreise von Viñales kommen wir in Playa Larga an. Wir beziehen die Casa Isa, 30 Gehsekunden vom Strand weg. Stolz zeigt uns Javier (was zur Hölle der auch immer mit dieser Casa am Hut hat) die Dachterrasse. Sie hat einen Plastiktisch und vier Holzstämme, die wohl als Sitzgelegenheit gedacht sind - und einen Ausblick auf das keine 20 Meter Luftlinie entfernte Meer. Wir testen den Strand (kann was), ein nahe liegendes Restaurant (Durchschnitt) und einen Mojito (kann sehr viel!) an der Strandbar nach Sonnenuntergang. Im Restaurant treffen wir zum ersten Mal auf Kuba andere Schweizer - ein Rentnerpaar aus Embrach, das schon zum zwölften Mal Ferien auf der Insel macht.

 

20. März 2017: Tag 8 - Playa Larga - Francis. Donde diablo esta Francis!?

Der Morgen beginnt mit zwei Überraschungen. Zuerst frühstücken hinter uns in der Casa zwei Berner (Schweizer Invasion in Playa Larga??), danach entdecken wir, dass doch Busse für Einheimische durch die Umgebung fahren. Statt einem Kollektivtaxi für 15 Franken pro Person besteigen wir den Bus und zahlen einen kubanischen Peso (weniger als 10 Rappen). Das Fahrzeug bringt uns bis zur Cueca de Peces (Höhle der Fische), wo wir uns wegen Tauchschulen erkundigen wollen. Der anwesende Guide ist nur für Tagesausflüge zuständig, wir sollen aber auf Francis warten, der jeden Moment kommen soll. Er sei der Mann für SSI-Kurse. 

 

Wir setzen uns vors kristallklare Wasser an den Steinstrand und warten. Irgendwann ruft uns ein Kubaner zu. Es ist nicht Francis, sondern der nette Typ, der uns zuvor den Tipp mit dem Bus gegeben hatte. Francis komme nicht, seine Mutter sei krank. Irgendwas mit der Lunge, aber er sei jetzt die nächsten drei Tage mit ihr im Spital. SSI-Kurse gibt’s nur noch in Playa Giron, 30 Kilometer südlich von Playa Larga, mit Instruktor Daniel. Suboptimal, wir checken erstmal die Tauchschule in Playa Larga ab. Weil kein passables Taxi in der Nähe ist, entschliessen wir uns die 13 Kilometer zurück in unser Dorf zu laufen und unterwegs unser Glück mit Autostop zu probieren. Und tatsächlich: Nach rund einer halben Stunde Marsch halten Touristen aus Marokko (sie studiert aktuell in Lausanne) mit ihrem Mietwagen und bringen uns nach Playa Larga zurück. Dort angekommen suchen wir als erstes die Tauchschule auf. Ist zu, öffnet jeden Tag nur von neun bis ca. halb zehn - danach gehts auf Tauchausflüge. Gut, wir gehen an den überraschend schönen Strand, unmittelbar vor dem nahezu unbesuchten „Hotel Playa Larga“. 

 

Gegen 15:30 gehen wir nochmals zum internationalen Tauchcenter. Denn wir wissen: Jetzt kehren die Guides von den Touren zurück. Wir haben Glück, zwei Kubaner laden einen überdimensionalen Schulbus aus - Sauerstoffflaschen überall. Dann die Ernüchterung: „SSI-Kurse? Die macht ein anderer Typ, der kommt erst am Freitag wieder.“ „Ach, Francis?“ „Ja, genau.“ Und was bieten sie sonst noch an? „Open Water Tauchkurse“ (Ja, auch SSI bietet Open Water an - das ist nur die erste Stufe, egal bei welcher Organisation. Anm. d. Touristen).

 

So bleibt uns nichts anderes übrig, als morgen unser Glück in Playa Giron zu probieren und zu hoffen, dass die Guides auf uns warten, denn unser Bus kommt eine Viertelstunde nach offiziellem Beginn der Lektionen an. Bevor wir ins Bett gehen gönnen wir uns ein Abendessen an ein einer einheimischen Snackbar. Für überraschend passable Spaghetti und Hamburger bezahlen wir 30 Pesos umgerechnet weniger als 1,40 Franken. Inklusive sind Gespräche mit dem besoffenen Franzosen Algerischer Abstammung Mohammed und drei Deutschen, die sich seit drei Tagen durch die Imbissbude futtern.

 

Ab 21. März 2017: Tage 9 bis 12 - Playa Giron: Coco Loco und die diplomierten Taucher

Wir haben kein Glück. Auch weil der Bus heute rund eine Dreiviertelstunde später abfährt, verpassen wir die Tauchgruppe deutlich. Immerhin ist die Wartezeit von vier Stunden - dann werden Daniel und Co. zurückkehren - halb so schlimm, denn das Tauchcenter ist direkt am Strand. So vergeht die Zeit wie im Flug, wir reservieren Kurs und Casa und gönnen uns noch ein paar Stunden am Playa de Coco - inklusive der Strandspezialität Coco Loco (eine mit Limettensaft, Honig und Rum gefüllte Kokosnuss. Grosses Kino). Noch besser als der erfrischende Drink ist aber das Gespräch mit den beiden Verkäufern Ivan und Roberto. Sie erzählen von ihrem Wunsch, selber ihr Landesoberhaupt bestimmen zu können, ehren aber auch Fidel Castro für die Revolution. Fidel sei ein ganz Guter gewesen, allerdings habe er auch Fehler gemacht, so Roberto: „Als Obama die Hand nach uns ausgestreckt hat, hätte sich Fidel versöhnlich zeigen sollen.“ Und wie begegnen die beiden Kubanern den immer mehr einreisenden US-Amerikanern? Naturgemäss wäre Groll zu erwarten, aber Ivan sagt: „Die Schuldigen für das Embargo sind entweder sehr alt oder tot. Die Touristen können nichts dafür - im Gegenteil. Sie helfen uns ja. Man kann nicht sein ganzes Leben im Hass verbringen, schliesslich lebt man nur einmal.“ Unter Raul Castro haben die beiden Hoffnung, dass sie ihren grossen Traum verwirklichen können: Einmal aus Kuba ausreisen, um auch mal ein anderes Land kennenzulernen.

 

Tags darauf müssen wir früh aus den Federn, damit wir dieses Mal ja nicht zu spät kommen. Denn der erste Bus fährt  zwischen 6:30 und 7:00. In Wahrheit ist es dann halt um viertel vor Acht, was auch nicht weiter schlimm ist - wir kommen ja rechtzeitig. Gemeinsam mit Max, einem Hamburger der seinen siebenmonatigen Aufenthalt in Mittelamerika mit einem Tauchgang ausklingen lassen will, hören wir Daniel zuerst beim fast einstündigen Theorieblock zu. Danach schultern wir unser Equipment (über 14 Kilo schwer!) und absolvieren den „Gigantenschritt“ - einen Sprung ins Wasser. Gleich bei unserem ersten Tauchgang gehen wir bis auf elf Meter runter, machen einige Übungen und sehen witzig geformte, farbige Korallen und ein paar Fische.

 

Von den physischen und mentalen Strapazen erholen wir uns wieder am Playa de Coco, gemeinsam mit Max sowie Hannes und Wiebke (kurioserweise ebenfalls aus Hamburg), die wir am Vortag kennen gelernt hatten. Mittlerweile kennen wir hier nahezu den ganzen Strand.

 

Tag zwei der Ausbildung sind wir dann nur noch zu zweit. Im Wasser wiederholen wir einige Übungen vom Vortag und lernen mit einer leeren Sauerstoffflasche in der Tiefe umzugehen. Der zweite Tauchgang in Punta Perdiz an diesem Tag wird dann der spektakulärste. Daniel führt uns 20 Meter weit runter und zeigt uns eine ausgewachsene Muräne, sowie eine riesige Krabbe in ihrer Höhle. Ebenfalls aussergewöhnlich war das Schiffswrack eines US-Militärbootes. 1961 griffen die Yankees Kuba über die Schweinebucht an, wurden aber von Fidels kurzfristig zusammengestellter Miliz nach 38 Kilometer Landgewinn endgültig bezwungen. Ein Museum und zahlreiche Schilder erzählen stolz von der „ersten Niederlage des Imperiums der Yanquis in Lateinamerika“. Auch heute bleibt uns nach den beiden Hüpfer ins tiefe Blaue noch genug Zeit, um uns am Playa de Coco zu erholen. Wir lernen Thilo und Beate kennen und verabschieden uns von „Wiennes“, die zurück nach Havanna mussten.

 

Der dritte Tag beginnt mit leichter Nervosität vor der schriftlichen Prüfung, die ja alle Open-Water-Lehrlinge nach den letzten beiden Tauchgängen absolvieren müssen. Zuerst gehen wir aber mit Kelvin, eine Art kubanischer Vin Diesel, und seiner Gruppe in Cueva de Peces tauchen - bis zu 25 Meter tief. Auch das ist ziemlich cool, toppt Punta Perdiz aber nicht. Gegen 13 Uhr, als wir das zweite Mal auftauchen, klatscht uns Kelvin ab: „Gratuliere, ihr habt’s gepackt.“ Daniel tritt auf die Euphoriebremse: „Halt, sie haben ja noch Theorieprüfung.“ Wieder leichte Nervosität. Völlig unbegründet, wie sich zeigt. Die „Prüfung“ wird mündlich abgehalten und enthält vier Fragen wie „Was sind die wichtigsten drei Tauchregeln“ oder wieso man vier, fünf Meter unter dem Wasser einen Sicherheitsstop machen muss, wenn man zuvor mindestens 25 Meter in der Tiefe war. Bei einer Frage stottern wir, erhalten aber gütige Hilfe von unserem Lehrer. Dann, ein leichtes Grinsen bei Daniel: „Füllt bitte dieses Formular aus, damit ich die Tauchpässe ausstellen kann.“ Und nach Erklären des Büchleins und einem kleinen Fotoshooting mit seinem Handy sagt er: „Herzlichen Glückwunsch, ihr seid jetzt offiziell zertifizierte ACUC Open Water Diver.“ Klingt gut. Wir bedanken uns, verabschieden uns von Daniel und auch Viti und Miriam, die uns die drei Tage zuvor hervorragend in ihrer Casa beherbergt haben, und nehmen den Viazul Bus in Richtung Cienfuegos. Dort treffen wir am Abend, kurz nach unserer Ankunft, kurioserweise nochmals Beate und Thilo, die sich am Morgen bereits von Playa Giron verabschiedeten.

 

25. März 2017: Tag 13 - Cienfuegos und Reise nach Trinidad: Perlen und Diamanten

Cienfuegos, die drittälteste Stadt Kubas besticht durch ihre charmante Kolonialbauten und ein übersichtliches Stadtzentrum. Allerdings haben wir die „Perle Kubas“ mit 140’000 Einwohnern nach wenigen Stunden gefühlte dreimal durchquert und machen uns am Abend auf in Richtung Trinidad. Sofort nach unserer Ankunft wird klar: Cienfuegos war hübsch, aber Trinidad ist noch viel hübscher. Sozusagen mehr Diamant als Perle. Die engen, hügeligen und mit Pflastersteine übersähten Gässchen, die farbigen Kolonialhäuser und die tolle Kathedrale an der Plaza Mayor versprühen einen einzigartigen Charme. Wie in Cienfuegos werden wir am Busbahnhof wie Rockstars empfangen - allerdings nicht von Autogrammjägern sondern von Casa-Besitzern und Taxifahrern. Wie Hyänen stürzen sie sich auf uns. Das Bild einer schönen Dachterrasse gefällt uns und wir lassen uns von der Vermieterin zum mitgehen überreden - ein guter Entscheid, wie sich später herausstellen sollte. 

 

Beim ersten Stadtspaziergang am Abend erfahren wir, wie klein die Welt ist: An der Plaza Mayor treffen wir per Zufall Bianca, eine Bekannte aus Zürich, mit ihren beiden Begleitern. Den Rest des Abends verbringen wir mit dem Trio, werden Zeuge eines ziemlich ungleichen Hundekampfes, der ätzenden Warteschlange vor der legendären Höhlendisco „Ayala“ und trinken den angeblich besten Mojito Trinidads an einem einsamen Stand auf dem Weg zurück zur Plaza. Noch besser als der Mojito: Der Canchanchara: Ein Cocktail aus Zuckerrohrlikör, Honig, Limettensaft und Mineralwasser - dieses göttliche Getränk soll es nur in Trinidad geben und sei schon das Lieblingsgetränk der Sklaven zur Zeit des Zuckerbooms gewesen sein. Für uns ist dieses Rezept vor allem ein Souvenir, das wir im Schweizer Sommer das eine oder andere Mal ausprobieren wollen. 

 

26./27. März: Tag 14 und 15 - Trinidad: Steinige Wege

Wir sind von Trinidad weiter angetan: Die Aussicht vom Sklaventurm aus über Stadt und Meer, die schöne Plaza Mayor und die herzlichen Menschen machen den Ort von rund 75’000 Einwohnern zu einem Highlight unserer Kuba-Reise. Einzig die Pflastersteine überall, gepaart mit der Hitze, machen uns etwas zu schaffen - auch wenn sie hübsch anzuschauen sind (nur die Pflastersteine, nicht die Hitze). Nach einem erholsamen Nachmittag auf der Dachterrasse nehmen wir am Abend erneut die Höhlendisco in Angriff. Dieses Mal mit Erfolg! Die Wartezeit beträgt nur rund 20 Minuten und wir betreten einen einzigartigen Club. Auf zwei Floors steht jeweils eine Bar, an verschiedenen Orten hängen Fernseher an den Höhlenwänden. Obwohl wohl ein leichter Touristenüberschuss herrscht, zeigen die Kubaner ihren Heimvorteil und erteilen manchem Ausländer eine Lektion in Sachen Salsa-Tanz.

 

Unser erstes Projekt am nächsten Tag führt erneut an der Disco vorbei. Dieses Mal wollen wir aber rund 30 Minuten weiter in die Höhe - dort soll ein toller Aussichtspunkt über den Nationalpark, die Stadt und das Meer warten. Schon früh brennt die Sonne heiss herunter und die Pflastersteine scheinen heute besonders hoch und weit auseinander zu sein. Doch die Mühe lohnt sich. Die Aussicht ist tatsächlich einmalig - und dank dem netten und redseligen Radio Cubano Mitarbeiter Noel dürfen wir auf ein Hausdach und von noch weiter oben herunterschauen. Wir geniessen den Blick, leihen uns Noels Feldstecher aus und lauschen seinen Ansichten zur politischen Lage („Puerto Rico hat keinen eigenen Präsidenten, geht es ihnen also besser als uns? Kubaner dürfen sehr wohl ausreisen, sofern das Zielland ihnen ein Visum ausstellt - was leider selten der Fall ist“ „Kapitalismus schafft Ungleichheit. Wenn einer nur für seine eigene Tasche wirtschaftet ist es doch klar, dass er so viel wie möglich verdienen will und sich nicht darum schert, ob einer nebenan an Hunger leiden muss.“). Vom türkisblauen Meer lassen wir uns am Nachmittag zu einem Strandbesuch am 10Km entfernten Playa Ancon verleiten. Den Tag schliessen wir in einem Restaurant ab, begleitet von einem kubanischen Gitarrenspieler und Sänger (solche Auftritte in Restaurants sind typisch für Trinidad).

 

28./29. März: Tag 16 und 17 - Reisen nach Santa Clara und Guardalavaca: Viva la Revolucion!

Der Morgen beginnt typisch kubanisch: Mit warten. statt um 9 Uhr werden wir gegen 11:45 von unserem Taxi particular abgeholt, das uns in die historische Stadt Santa Clara bringen soll. Dort gelang am 28. Dezember 1958 den Revolutionären um Anführer Che Guevara ein entscheidender Sieg. Der Argentinier liess gemeinsam mit 17 Mitkämpfern Zugwagons mit 408 schwer bewaffneten Soldaten entgleisen, wodurch ein Überraschungsangriff gestartet werden sollte. Einige von den gepanzerten Wagons (trenes blindados) stehen nach wie vor als Monument an der Originalstelle, an der sie entgleisten - die Einschusslöcher sind sogar noch als solche gekennzeichnet. Unsere Fahrt nach Santa Clara dauert knapp anderthalb Stunden, zuerst werden die beiden Französinnen, die Kuba vor allem mit dem Velo erkunden, abgeladen. Wir lassen uns zur Viazul-Haltestelle bringen, stellen dort unser Gepäck für die Weiterfahrt kurz vor Mitternacht unter und spazieren dann zum Revolutionsplatz. Dort steht auch eine sechs Meter hohe Bronzestatue von Che Guevara - seine sterblichen Überreste sind darunter in einem Mausoleum neben denjenigen von 38 weiteren Mitstreitern untergebracht. Erst 1997, also 30 Jahre nach seinem Tod, wurde seine Leiche von Bolivien, bzw. den USA, freigegeben - seit dann gibt es auch das sorgfältig und detailliert eingerichtete Museum über sein Leben. Anschliessen schlendern wir ins Zentrum zum Parque Vidal, stärken uns mit Pasta, Fruchtsalat und einem hervorragenden Erdnuss-Milchshake, bezahlen total umgerechnet 1.80 Franken und vertreiben uns in dieser Gegend die Zeit, bis wir zurück zum Busbahnhof müssen.

 

Nach fast achtstündiger Fahrt erreichen wir gegen 7:30 Uhr Holguin. Unterwegs kommen wir trotz lauten Gesprächen, Gelächter und Geschnarche doch noch zu ein paar Stunden Schlaf, sodass wir von den „Taxi, Taxi!“ rufen nach Ankunft nicht gleich aus den Schuhen kippen. Weil scheinbar kein Bus nach Guardalavaca fährt, müssen wir wohl oder übel mit einem Taxi zum fast 60 Kilometer entfernten Stranddorf fahren. Wir brauchen ein paar Minuten mehr als die budgetierten anderthalb Stunden, weil unterwegs mitten auf der Strasse mal eben ein Baum gefällt wird. Zu siebt haben die Arbeiter aber alles im Griff, sodass sie in beachtlicher Zeit (kaum 5 Minuten) den Baum zersägen und die Strasse räumen. In Guardalavaca angekommen freuen wir uns auf den weissen, bemerkenswert samten Sandstrand und das hellblaue, klare und erfrischende Wasser. Sicherlich einer der schönsten Strände Kubas. 

 

Ausserdem werden wir Zeugen davon, dass Ausländer nicht nur beim Essen bevorzugt werden (Produkte von guter Qualität sind Touristen vorbehalten): Weil unser Zimmer noch nicht bezugsfertig ist, dürfen wir das Bad der Besitzer benutzen - obwohl Maria kurz anmerkt, dass es ihr „ eigentlich peinlich ist, Gästen diese bescheidenen Bedingungen zu zeigen“. Auf knapp einem Quadratmeter, ohne Türe, sind WC und eine rustikale Dusche eingebaut. Später duschen wir im für Gäste reservierten Bad: Hübsch gestrichen, vergleichsweise gross und mit zwei Duschbrausen - eine extra für warmes Wasser und einem starken Wasserstrahl - und sogar einem Badeteppich drin.  

 

30./31. März: Tag 18 und 19 - Guardalavaca: Our dream is to fly

Auf Empfehlung von Juan, dem netten Besitzer der empfehlenswerten Casa „La piedra China“ gehen wir heute zwei Kilometer östlich der Küste entlang. Dort treffen wir auf den selben weissen Sandstrand wie unmittelbar unter dem Dorf - mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass es nicht von Touristen der All-inclusive Resorts wimmelt. Wir sind - abgesehen von einem anderen Paar, das relativ bald verschwindet - völlig alleine. Obwohl, das stimmt nicht ganz: Im kristallklaren Wasser entdecken wir einen gelb/blauen Krebs, der sich aber auch ziemlich schnell zurückzieht. Am frühen Nachmittag verlassen wir unser schönes Plätzchen wieder, denn der Ort ist so verlassen, dass man auch nichts Essbares in der Nähe findet. 

 

Bevor wir am Strand zu Mittag essen versuchen wir unser Glück nochmals bei der Reiseagentur Havanaturs, offensichtlich die einzige Agentur, die für uns einen Flug nach Costa Rica buchen kann. Am Morgen war der Laden auch eine halbe Stunde nach der ordentlichen Öffnungszeit geschlossen. Jetzt können wir zwar rein, aber warten dennoch rund 20 Minuten bis wir unser Anliegen platzieren dürfen. Der Grund? Die Angestellte wollte zuerst in aller Ruhe ihr privates Telefongespräch am Handy zu Ende bringen. Für die knapp 20 Franken Monatslohn darfs halt auch mal eine etwas tiefere Arbeitsmoral sein. Allerdings verlassen wir Havanaturs enttäuscht. Die Filiale in Guardalavaca muss Flugzeiten und -preise via den Bahamas anfragen lassen (wieso auch immer!?), diese geben in der Regel erst vier bis fünf Stunden später eine definitive Reservationsbestätigung. Weil wir keinen Plan haben, in welchem Bereich sich diese Preise bewegen werden, winken wir ab. Nach gescheiterten Versuchen in Holguin und zwei anderen Reiseanbietern in Guardalavaca müssen wir uns halt bis Santiago de Cuba oder gar Baracoa gedulden, die Buchung des Fluges bleibt vorerst ein Traum. Übrigens sind auch im Internet bei unseren gängigen Flugvergleichsportalen nur Flüge via Florida von knapp 24 Stunden zu finden. 

 

Und allzu lange suchen können wir online auch nicht. Erstens gibt es nur an wenigen Plätzen pro Stadt einen Wifi-Hotspot und zweitens muss man für den Zugang zur extrem langsamen Verbindung eine Karte kaufen, die 1,50 Franken pro Stunde kostet - die man sich in der langen Warteschlange schwer verdienen muss. Das entschuldigt auch, weshalb unser Blog in der Zeit während Kuba nicht laufend aktualisiert werden kann.

 

Unseren letzten Tag am wunderschönen Strand von Guardalavaca verbringen wir in der Hängematte. Am Nachmittag holt uns das Taxi ab, und bringt uns zurück nach Holguin, wo eine dreistündige Reise nach Santiago de Cuba ansteht. Wir verabschieden uns von der netten Gastfamilie und der grössten Kakerlake, die wir in unserem Leben gesehen haben, und besteigen das Fahrzeug.

 

1. April, Tag 20 - Reise von Santiago nach Baracoa: Die Unverwüstlichen

Die Nacht verbringen wir in der bisher günstigsten (und eine der schönsten) Casa unseres Kuba-Trips, der „Casa China“. Carlos, der Besitzer, erklärt uns, dass Santiago als „tierra caliente“, also heisse Erde bekannt ist. Noch während unserem Abendspaziergang durch die Stadt merken wir auch weshalb. Unsere Jäckchen mitzunehmen erweist sich erstmals als klassischer Fehlentscheid.

 

Bereits um acht Uhr morgens fährt der Viazulbus in Richtung Baracoa los. Wir freuen uns auf das von vielen früheren Besuchern als Highlight bezeichnete Städchen mit seinem schwarzen Sandstrand. Wir kommen aber etwas erschöpft an, schliesslich sind wir statt der versprochenen drei über fünf Stunden unterwegs. Spätestens während sich der schwerfällige Bus mühsam durch die engen Bergstrassen windet fragen wir uns, in welcher Zeitrechnung der Kollege vom Reisebüro Cubanacan lebt. Dennoch finden wir während der Fahrt nicht allzu viel Schlaf, zu spektakulär ist die Aussicht. Bereits rund 30 Kilometer vor Baracoa sieht man Auswirkungen vom zerstörerischen Hurricane, der im November die Stadt und seine Umgebung verwüstete. Noch schlimmer ist der Anblick in Baracoa selber: Eingestürzte Häuser, zerbrochene Schiffe und vor allem ein kaum mehr wieder zu erkennender Strand zeigen ein ebenso eindrucksvolles wie trauriges Bild. Doch trotz der kurzen Zeit und den knappen Ressourcen ist bemerkenswert, wie viele Häuser schon wieder aufgebaut werden konnten - auch dank der Hilfe von Venezuela. Dass es trotz des verheerenden Orkans keine Tote gab, ist dem aufmerksamen Handeln der Regierung zu verdanken. Wer in einem nicht genug stabilen Haus wohnte wurde sofort evakuiert. Noch heute wohnen viele Einwohner Baracoas bei Freunden oder Verwandten, bis ihr Haus wieder aufgebaut werden kann. Der Optimismus und die Aufbruchstimmung ist jederzeit seh- und spürbar.

 

Nur einen halben Block von unserer tollen Casa „La india“ entfernt stossen wir auf eine wahre Goldbrube. Das kleine Restaurant „El sabor Taborin“ serviert neben den üblichen Poulet-, Rind-, Schwein- und Meeresfrüchtespeisen auch ein rein vegetarisches Menü - zur Freude der Hälfte unserer Reisegruppe - und das auch noch in Kokosmilch. Kurioserweise haben wir uns auf dem Weg nach Baracoa beim Anblick der vielen Kokospalmen gefragt, wieso überall Kokoswasser (mit Rum), aber nie Kokosmilch angeboten wird. die Languste und das vegetarische Calalu (hiesige Spezialität) sind das Beste, was wir in drei Wochen Kuba essen. Einfach grandios!

 

2. und 3. April, Tage 21 und 22 - Baracoa: Yes, Cubana can!

Heute warten gleich zwei grosse Aufgaben auf uns: Zuerst nehmen wir den gefühlt 12. Anlauf, um endlich den Flug nach Costa Rica zu buchen, danach wollen wir auf den Yunque (übersetzt: Amboss), dem Berg und Wahrzeichen der Stadt - von Kolumbus seinerzeit wegen seiner Form getauft. Doch auch Infotur, Havanatur und Cubanacan können keine Informationen zu Flugzeiten und -preise geben. Es ist Wochenende und wir müssen uns bis Montag gedulden. Immerhin hat bei der letzten Agentur auf Anfrage einer einen wertvollen Tipp: Im Internet könnte uns die Webseite der kubanischen Fluggesellschaft Cubana helfen. Und am Abend werden wir herausfinden: Yes, Cubana can!

 

Die freudige Nachricht müssen wir uns aber hart erarbeiten - und das nicht nur Odysseen durch unzählige Reisebüros. Denn es steht die Wanderung zum Yunque an. Nicht, dass die fünfstündige Wanderung auf den fast 700 Meter hohen Berg an sich nur etwas für absolute Profis wäre, aber langsam macht uns die Mittagshitze von rund 35 Grad zu schaffen. Weil der Orkan einen Grossteil der Bäume mitgerissen hatte, findet sich auf dem Wanderweg kaum ein schattiges Plätzchen. Unser Guide, der übrigens ebenfalls sein Heim verlor, blickt uns entschuldigend an, weil wir einen Fluss durchqueren müssen. Unsere Freude überrascht ihn, was uns wiederum überrascht - diese Abkühlung kommt uns schliesslich herzlich entgegen. Nach fast drei Stunden kommen wir endlich auf dem Gipfel an, können vor Schreck aber beinahe nicht die tolle Aussicht geniessen: Auch hier oben gibt es keinen einzigen Baum, der uns während dem Ausblick Schatten spenden könnte. Auch deshalb entschliessen wir uns für ein bisschen Trinkgeld beim Abstieg zu einem vom Guide organisierten Umweg, inklusive schwimmender Flussüberquerung. Dieser führt zu einem Wasserfall und wunderschönen natürlichen Bädern im saubersten Fluss der Provinz Baracoa.

 

Wieder im Dorf angekommen erholen wir uns bei der alten Festung (heute ein Hotel) mit einem schönen Ausblick über Stadt und Buchten, sowie einem kurzen Besuch am Kinderkarneval, inklusive Chilbi - anschliessend buchen wir für Mittwoch unseren Flug von Havanna nach San José. Geplant war eigentlich von Santiago nach Liberia (Norden Costa Ricas) zu fliegen. Das ist nicht möglich und deshalb müssen wir in den kommenden Tagen mit dem Bus fast 1000 Kilometer zurücklegen, um rechtzeitig in die Hauptstadt zu gelangen.

 

So steht am nächsten Tag schon wieder die Rückreise nach Santiago de Cuba an. Im kurzfristig organisierten Taxi colectivo (gleicher Preis wie Viazulbusse, dafür 1,5 Stunden schneller und etwas weniger komfortabel) vergeht die Zeit dank einer sympathischen deutsch-schweizerischer Fahrgemeinschaft fast wie im Flug. 

 

4.  und 5. April - Tage 23 und 24: Aber… Costa Rica!

Nach etwas mehr als drei Wochen Kuba endet unser Aufenthalt auf der Insel und wir machen uns auf den Weg in Richtung Costa Rica, wo wir ebenfalls rund drei Wochen verbringen wollen. Doch den Weg dahin müssen wir uns hart verdienen. 16 Stunden und 15 Minuten sind wir per Bus unterwegs - immerhin knapp die Hälfte davon über Nacht - sodass wir um 7:30 in Havanna ankommen. Der Flug geht um 13 Uhr nach San José und dauert 2:30 Stunden.

 

So war es jedenfalls vorgesehen. Und beim Blick auf den Bildschirm der Abflüge und dem „On time“ neben unserer Flugnummer denken wir: „Was kann jetzt noch schief gehen?“ Einiges. Um 10 Uhr - gemäss der Angestellten von Cubana sollte jetzt der Check-in beginnen - geht immernoch nichts. Wir warten, man ist sich mittlerweile ja die kubanische Pünktlichkeit und Arbeitsmoral gewohnt. Gegen 11:15 fragen wir nochmals schüchtern nach, die Antwort: „Alles gut, wir beginnen gegen 11:30 mit dem Check-in.“ Mittlerweile hören wir wenige Meter neben uns, wie sich Passagiere auf Deutsch unterhalten: „Heute geht der Flug nicht mehr, wir müssen in ein Hotel.“ Wir erschrecken, sehen dann aber, dass diese Leute bei der Warteschlange des Check-ins nach Caracas standen. 12:20, in 40 Minuten würde unser Flug gehen, auf dem Bildschirm, da wo vor 5 Stunden „On time“ stand, steht seit 45 Minuten „Check-in“ - nur ist nirgends ersichtlich wo eingecheckt werden soll. Dritter Anlauf am Schalter von Cubana, jetzt mit einer ganz neuen Info: „Melden Sie sich im Büro des Chefs, er organisiert ihnen ein Hotel. Wir wissen nicht, wann der Flieger startet.“ Jetzt merken wir: Die deutschsprachigen Passagiere wollten auch nach San José.

 

Nach fünfstündigem Aufenthalt am Flughafen werden wir in ein tolles Viersternehotel (Aco Presidente) chauffiert. Immerhin: Cubana bezahlt Unterkunft und alle Mahlzeiten. Und das Hotel hat sogar einen hübschen Pool. Zum Abschluss des Kuba-Aufenthaltes also noch etwas Luxus - vom riesigen Büffet beim Nachtessen und dem starken Wasserstrahl unter der Dusche sind wir völlig überfordert. Nur das mit den Infos klappt irgendwie nicht so recht. An der Lobby, wo wir regelmässig auf dem Laufenden gehalten werden sollen, wissen die Mitarbeiter auch nicht so recht Bescheid. Fliegen wir heute noch? „Vielleicht.“ Morgen? „Möglich.“ In ein paar Tagen? „Sicher nicht, spätestens morgen!“ Der Tag vergeht und wir merken: Es wird frühestens morgen. 

 

6. April, Tag 25 - Abflug nach San José Teil 2: Selbst ist der Backpacker

9:05, wir gehen in Richtung des reichhaltigen Frühstücksbüffets. Vorher aber noch ein kurzer Halt bei der Lobby. „Gerade hat mich Cubana angerufen. Sie wollten ja um 9 Uhr einen Bus vorbei schicken, um euch abzuholen (wurde uns nie mitgeteilt, Anm. d. Backpacker). Aber der Flug ist doch noch nicht startklar. Wir halten Sie auf dem Laufenden.“ Fünf Minuten später hören wir von einem Deutschen Mitpassagier, dass wir heute definitiv nicht fliegen können. Das wurde ihm soeben an der Lobby mitgeteilt.

 

Nach dem Frühstück entscheiden wir unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Gemeinsam mit drei Deutschen und den beiden Luzernerinnen Lea und Anja spazieren wir gute 20 Minuten durch Havannas Hitze zum Büro von Cubana. Dort schildern wir unser Problem, werden von der Supervisorin aber aufgefordert zu warten - sie müsse zuerst den Supervisor anrufen. 15 Minuten später winkt sie uns zu sich, um uns zu sagen: „Die Abflugszeit ist noch nicht definiert.“ Und was ist das Problem? „Wir wissen noch nicht, wann wir fliegen können.“ Und wieso wisst ihr das nicht? „Weil die neue Abflugs noch nicht definiert ist.“ Tilt. 

 

Erst nach dem mittlerweile etwas genervten Hinweis, dass einige Passagiere dringend nach Costa Rica müssen (Einer arbeitet, zwei haben eine Tour gebucht und auf Lea und Anja wartet das Mietauto), kommt der kubanischen Arbeitsbiene ein Geistesblitz: „Dann buche ich Sie halt auf eine andere Airline um!“ Das ist mal ein Wort! Obwohl wir sie zuerst auf die Idee bringen müssen, dass sie nicht nur Frederik, einen der Deutschen, umbucht, sondern gleich den ganzen Flieger (rund 30 Personen). Nach knapp 45-minütiger Diskussion haben wir endlich Gewissheit: Um 14 Uhr werden wir im Hotel abgeholt, Abflugzeit ist 16:50 (via Bogota, Kolumbien) und wir kommen um 00:35 mit der Fluggesellschaft Avianca in San José an! Dabei spielt es auch keine Rolle, dass jetzt schon 12:30 ist, und wir für den Rückweg, packen, duschen und Mittagessen nur anderthalb Stunden Zeit haben.

 

Und tatsächlich: Dieses Mal klappt alles problemlos und wir kommen mit etwas mehr als einem Tag Verspätung in Costa Rica an. Statt 2 Stunden und 30 Minuten sind wir total sechs Stunden unterwegs.

 

Fazit Kuba:

Auch wenn sich die Städte und Dörfer extrem unterscheiden, haben Orte wie Havanna, Trinidad, Guardalavaca oder Baracoa eines gemeinsam: Es ist eine völlig andere Welt. Die Supermärkte sind halb leer, lange Warteschlangen vor Wechselstuben, Läden oder Internetkarten-Shops sind völlig normal. In staatlichen Restaurants oder Metzgereien kann es durchaus mal vorkommen, dass einfach nichts da ist. Dementsprechend ist die berühmte kubanische Lebensfreude nicht immer zu sehen, wenn auch die meisten Leute bei näherer Betrachtung sehr herzlich sind. 

 

Die Arbeitsmoral ist oftmals nicht über alle Zweifel erhaben, was bei einem Monatslohn von knapp 20 Franken jedoch verständlich ist. Dieses tiefe Einkommen zwingt die Kubaner erfinderisch zu werden. Die meisten halten sich als (Velo-)Taxifahrer oder Casa-Vermieter über Wasser, insbesondere in Havanna gibt es aber auch einige schwarze Schafe, die darauf spezialisiert sind, frisch angekommene Touristen ab zu zocken. Hier merkt man, dass Kuba noch nicht die ganz grosse Erfahrung mit dem grossen Tourismusstrom hat. Aber auch die Menschen in Havanna werden merken, dass Betrügereien nur kurzfristig zum Erfolg führen. Der traurige Höhepunkt, was Leute alles machen um ein paar CUC abzustauben, haben wir von deutschen Freunden in Cienfuegos gehört: Zwei Jugendliche versuchten sie zu erpressen und drohten eine junge Katze ins Meer zu werfen, wenn die Deutschen ihnen nicht Geld geben. Verständlicherweise glaubten die beiden an einen Bluff, was sich als fatale Fehleinschätzung entpuppte. Die beiden Halbstarken warfen das arme Kätzchen tatsächlich ins Meer - weil der Steg zu weit vom Wasser entfernt war, konnte das Tier nicht mehr gerettet werden. 

 

Allerdings finden die meisten Kubaner harmlose Wege, um sich einen wertvollen Nebenverdienst zu sichern - auch wenn diese offensichtlich illegal sind. Ähnlich dezent wie auf den Ramblas in Barcelona, wo einem Kokain, Gras oder LSD angeboten wird, dealt man hier mit Telefonkarten, Taxis oder Unterkünften. Weit verbreitet sind Kommissionen: Sobald ein Kubaner hilft eine Casa zu buchen, oder einem ein Restaurant empfiehlt, kassiert er bis zu 5 CUC Kommission (bei einer Casa pro Nacht!). So kann es durchaus sein, dass der Vermittler besser davonkommt, als die Casa-Besitzer selber. Legal geführte Casas (erkennbar am blauen Anker an der Haustüre) müssen nämlich nicht nur 10% des Erlöses als Steuern angeben, sondern zahlen auch noch monatlich eine stattliche Summe an den Staat (zwischen 40 und 200 CUC pro Monat haben wir einiges gehört) - egal ob die Zimmer vermietet waren oder nicht. Die deshalb nicht immer günstigen Casas machen Kuba zu einem nicht idealen Reiseland, wenn man alleine unterwegs ist. Man bezahlt nämlich immer das Zimmer, egal ob man alleine, zu zweit oder zu dritt ist. Ausserdem gibt es kaum Hostels, sodass man viel weniger mit anderen Reisenden in Kontakt kommt, als in anderen Ländern.

 

Der CUC macht das Reisen in Kuba zu einem überraschend teuren Spass, sobald wir allerdings auf den CUP (Peso national) aufmerksam geworden sind, konnten wir einiges an Geld sparen. Insbesondere bei den Cafeterias für Einheimische haben wir so gemeinsam kaum mehr als 2 Franken für ein Essen bezahlt. Und unsere seltenen Magenprobleme waren nicht auf diese Mahlzeiten zurückzuführen. 

 

Trotz sehr hohem Bildungsstandard (jedes Kind MUSS in die Schule) ist Abfall ein grosses Problem. Dafür ist Kriminalität kaum ein Thema. Viele Touristen glauben, dass dies an den drakonischen Strafen liegt (schon für Handtaschendiebstahl wandern Kubaner bis zu fünf Jahren in den Bau), während die Einheimischen versichern, dass dies mit der guten Bildung zu tun hat. Wir glauben, es ist eine Mischung aus beidem.

 

Alles in allem ist ein Kuba-Besuch durchaus zu empfehlen. Unsere anfängliche Meinung, dass man unbedingt noch gehen soll, bevor sich das Land endgültig wieder öffnet, haben wir aber revidiert. Die paar Oldtimer, die nur schon aus touristischen Gründen so schnell kaum verschwinden werden, sind die Leiden des Volkes nicht Wert. Und Kuba hat definitiv mehr zu bieten, als einfach nur eine Zeitmaschine in die 50er Jahre zu sein (kaum Internet, Kutschen als standardmässiges Fortbewegungsmittel und Selbstversorgung vieler Kubaner). Fraglich ist, was für Kuba in Zukunft der richtige Weg sein soll. Ein Kniefall vor den USA wäre nach all den gewonnen Schlachten gegen „das Imperium“, wie Uncle Sam gerne genannt wird, sehr schade und kommt für viele Kubaner auch nicht in Frage. Allerdings dürfte nur ein radikales Umdenken der eigenen Haltung gegenüber dem nördlichen Nachbarn den weltweiten Boykott aufheben und dafür sorgen, dass das Land endlich wieder mit genügend Gütern versorgt wird.

 

Preise (pro Person):

 

Casa particulares: 12-30 CUC pro Zimmer (Normal 20-25, unterschiedlich je nach Aufenthaltsort)

Frühstück in Casa: 5 CUC (in Guardalavaca 2.50 CUC, Santiago 3 CUC)

Frühstück in Cafeteria: 0.50 - 1

Wasser: 0.70 - 2 CUC

Ganze Mahlzeiten (mit Reis): 5 - 15 CUC (Touristenrestaurants) oder 1 - 3 CUC (Restaurants für Einheimische)

Pizza oder Spaghetti: 2 - 4 CUC (Touristenrestaurants) oder 0.5 CUC (Restaurants für Einheimische)

Bier: 1 - 2 CUC

Cocktails: 1 - 3 CUC

Taxi particulares: 3 Stunden ca 25 CUC

Viazulbus: 3 Stunden ca. 12 CUC

Nationalbus: 0.04 - 0.08 CUC

Flug von Havanna nach San José: 154 CUC

Zwei Tauchgänge: 50 CUC

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rot = Vermischtes, Grau = Abzocke

 

 

Costa Rica

 

7. April, Tag 26: Ankunft in San José und Reise nach Santa Elena: Pura vida!

Bereits am Flughafen ist der grosse Unterschied zu Kuba spürbar. Vor den beiden hochmodernen Wechselstuben gibt es kaum eine Warteschlange, die Toiletten duften nach Rosen und auch unser Gepäck ist schon da, als wir beim Rollband ankommen. Sogar die anwesenden Taxifahrer sprechen uns nicht an, sondern wir fragen, ob einer uns zum naheliegenden Hostel bringen kann. Begrüsst werden wir übrigens mit einem grossen Schild, auf dem steht: Pura vida (wortwörtlich übersetzt: Reines Leben). Um knapp 1:30 Uhr treffen wir, gemeinsam mit unseren neuen Reisebuddies Lea und Anja, ein und nächtigen in einem Viererzimmer. 

 

Am Morgen merken wir dann doch, dass auch in Costa Rica, „die Schweiz Zentralamerikas“ genannt, nicht alles sofort klappen kann. Weil Anja und Lea uns netterweise angeboten haben uns mit ihrem Mietwagen bis Santa Elena mitzunehmen, kehren wir nach ein paar Stunden Schlaf zum Flughafen zurück, um das Fahrzeug abzuholen. Allerdings lässt der Europcar-Angestellte die beiden über zwei Stunden warten, bis sie endlich den Schlüssel bekommen. Uns ists egal, schliesslich kommen wir viel schneller und komfortabler ans Ziel - und das noch mit netter Begleitung.  

 

Knapp drei Stunden sind wir unterwegs, die Zeit vergeht aber wie im Flug. Die Landschaft ist wunderschön und unterwegs treffen wir den ersten Leguan an. Am Nachmittag kommen wir in der kleinen Stadt, umgeben von drei tollen Nationalparks (Santa Elena, Monteverde und Curicancha) an. Sofort fühlen wir uns pudelwohl. Das Hostel „Pension Santa Elena“ gleicht mehr einem Hotel als einer Jugendherberge und die Ticos - wie Costa Ricaner genannt werden - sind unglaublich freundlich. Auffällig ist, wie oft sie den Ausdruck „Pura vida“ brauchen. „Wie gehts?“ „Pura vida!“ - „Danke“ „Pura vida!“ - „Hallo“ „Pura vida!“ - „ Schönen Abend.“ „Pura vida!“ Es ist quasi die Antwort auf alles. Wir schliessen den Tag gemütlich ab, schliesslich sind wir noch etwas erschöpft vom langen Vortag und der Ankunft am frühen Morgen.

 

8. April, Tag 27: Santa Elena: Komm hol’ das Fernglas raus!

Nach einem langen Tag wie gestern mal schön ausschlafen? Nicht mit uns! Bereits um 7:30 machen wir uns zu Viert auf eine geführte Tour durch den Curicancha-Nationalpark. Er ist zwar weniger berühmt wie Santa Elena und insbesondere Monteverde, allerdings hat das den Vorteil, dass er stark weniger häufig besucht wird - und so die Chance grösser ist, ein paar Tiere zu sehen. Vor allem Monteverde soll an Spitzentagen aus allen Nähten platzen. Und tatsächlich: Wir geniessen beinahe eine Privattour, einzig ein US-Pärchen ist auch noch dabei. 

 

Bereits nach wenigen Minuten haben wir erstmals Glück: Im Baum entdeckt unser Guide einen Quetzal - gemäss Reiseführer der Grund, weshalb in Monteverde vor ein paar Jahrzehnten der grosse Tourismusboom ausgebrochen ist. Es ist aber alles andere als selbstverständlich, diesen schönen, gefährdeten Vogel zu sehen. Auch im Anschluss bleiben wir erfolgreich: Neben violetten und grünen Kolibris, einem seltsam aussehenden Ameisenbär, mehreren farbigen Schmetterlingen und einem braunen Tukan erspäht unser Guide in der Baumkrone umgeben von grünen Blättern eine grüne Schlange. Eine beeindruckende Leistung, für Normalsterbliche wäre das Reptil niemals sichtbar gewesen. Wir blicken alle durchs Fernglas und dürfen sogar durch dieses hindurch fotografieren.

 

Am Nachmittag schlendern wir noch selber durch den Dschungel und klettern einen knapp 20 Meter hohen, hohlen Ficusbaum von innen hoch. 

 

Als Dankeschön fürs Mitfahren kochen wir zum Nachtessen für Lea und Anja Rösti mit Pilzrahmsauce - dafür machen wir uns bei den Hostel-Mitbewohnern etwas unbeliebt weil wir mehr als zwei Stunden lang die Küche blockieren.

 

9. April, Tag 28 - Monteverde und Fahrt nach La Fortuna: Tarzan und Superman

Auch heute bleibt ausschlafen ein unvollendeter Traum. Action und Nervenkitzel wartet auf uns, denn es steht die längste Zipline Lateinamerikas und ein Tarzanswing von 45 Metern Höhe auf uns. Nach ein paar kürzeren Seilrutschen kommen wir zum berühmten Superman, der wie erwähnt längsten Seilrutsche des Kontinents. 1,59 Kilometer fliegen wir in Superman-Pose über den Dschungel. Einige von uns fühlen sich nicht nur wie die Könige der Welt, sondern schreien das auch heraus. Das Gefühl, auf all die Bäume, die aus dieser Distanz „aussehen wie Broccoli“ (Zitat Lea), ist unbeschreiblich. 

 

Kaum haben wir uns ans Leben von Superman gewöhnt, schlüpfen wir in die Rolle eines anderen Comichelden: Tarzan. Von einer Brücke mitten im Dschungel lassen wir uns, befestigt an einem Seil, in die Tiefe fallen - und schwingen anschliessend im Stile von Tarzan mit seiner Liane bis zum Stilltand. Wie es sich gehört werden Tarzanschreie imitiert. 

 

Noch völlig aufgewühlt vor lauter Adrenalin machen wir uns dann gegen 10 Uhr auf den Weg in Richtung La Fortuna, dem Dorf unmittelbar vor dem imposanten Vulkan El Arenal. Bis 2010 war er bei Touristen für seine spektakulären Ausbrüche beliebt - er gilt auch heute noch als einer der aktivsten Vulkane weltweit. 

 

Erneut dürfen wir mit Anja und Lea mitfahren, da sie das gleiche Ziel verfolgen. Von den seelischen Strapazen des Morgens erholen wir uns gegen Abend im 40 Grad warmen Fluss Tabacon, 12 Kilometer ausserhalb von La Fortuna.

 

10. April, Tag 29 - La Fortuna: Der Weg ist das Ziel.

Nach einem gemütlichen Frühstück folgt die böse Überraschung: Trotz versprochener Reservation müssen wir uns ein neues Hostel suchen - und das ausgerechnet in der „Semana Santa“, der Woche vor Ostern und damit einer besonders frequentierten Zeit. Immerhin finden wir doch ziemlich rasch eine neue Bleibe, die zwar etwas teurer, aber ziemlich hübsch ist. Vom „Arenal Backpackers“ haben wir vom Pool, Schlafzimmer und Hängematte im Gemeinschaftsgarten einen tollen Blick auf den Vulkan.

 

Mit etwas Verzögerung beginnt das nächste Abenteuer: Wir besteigen den inaktiven Vulkan Cerro Chato. Ganz oben winkt ein Bad im Kratersee. Der Weg ist wunderschön, aber vor allem gegen das Ende hin ziemlich anspruchsvoll. Die Bäume spenden nicht nur Schatten, sondern sorgen dazu für schwüles und feuchtes Klima. So werden aus meterhohen Stufen schlammige Hindernisse, die es hochzuklettern gilt. Und bald merken wir, dass ständiges suchen nach Faultieren in den Baumwipfeln keine so gute Idee ist: Zwei Mexikaner warnen uns gerade noch rechtzeitig vor einer giftigen Schlange, die gut getarnt mitten im Weg liegt. Wir warten, bis sich das Vieh gemächlich in Deckung begibt und setzen unseren Weg dann etwas vorsichtiger fort.

 

Ganz oben angekommen, vor dem finalen Abstieg zum Kratersee, müssen wir feststellen, dass das bisherige Klettern einem Kindergeburtstag gleichkommt. Es erinnert irgendwie an eine Fortsetzung eines sehr erfolgreichen Kinofilmes. „Die Wanderung zum Cerro Chato Teil 2, Der Schlamm schlägt zurück“ - Noch steiler, noch schlammiger, noch rutschiger.

 

Unten angekommen vergessen wir aber kleinere Blessuren und der ganze Dreck an Händen und Kleidung. Der Ausblick vom kleinen Sandstrand über den grünen See, umgeben vom Dschungel und dem Vulkan Arenal im Hintergrund ist atemberaubend. Wir gönnen uns eine Abkühlung im überraschend kalten Wasser, geniessen die Aussicht und haben erneut grosses Glück, weil sich die Wolken um den Arenal verziehen, was nur sehr selten vorkommen soll. So geniessen wir völlig freie Sicht und machen uns irgendwann schweren Herzens auf den Rückweg. Total sind wir knapp 3 Stunden (2 Aufstieg, 1 Abstieg) unterwegs - es kam uns aber doch um einiges länger vor.

 

11. April, Tag 30 - Fahrt von La Fortuna nach Montezuma: Time to say goodbye

Bereits um 5 Uhr früh stehen wir auf, denn die Fahrt nach Montezuma steht an. Damit verabschieden wir uns nach sechs gemeinsamen Tagen von unseren neuen Freundinnen, die es weiter ins Landesinnere nach La Virgen zieht. 

 

Nach total neun heissen Stunden Fahrt mit drei Bussen und einer Fähre erreichen wir das „Hippiedorf“ Montezuma. Das sehr kleine Dörfchen ist bekannt für seinen gemütlichen Vibe, Yoga am Strand und Joints. Wir lassen uns im Hotel Pargo Feliz unter - einer einfachen Unterkunft mit grossartigem Blick von der Terrasse auf das rund 30 Meter entfernte Meer.

 

12. bis 13. April, Tage 31 und 32 - Montezuma und Fahrt nach Manuel Antonio: Hello again!

In Montezuma lassen wir uns vom gemütlichen Ambiente anstecken und chillen etwas am Strand. Am Nachmittag besuchen wir noch den naheliegenden Wasserfall - der Weg dafür ist sowas wie Cerro Chato light (siehe Tag 29). Es dauert aber keine 20 Minuten Marsch, bis wir mit einer Erfrischung belohnt werden. Getreu der Geschlechterklischees vergnügt sich die eine Hälfte mit Adrenalin (Sprung von einem Felsen ins tiefe Wasser), während sich die andere etwas Wellness in Form von knabbernden Fischen an den Füssen gönnt. Ein Erlebnis wird dann vor allem der Rückweg: Zuerst entdecken wir ein Guatusa im Wald, kurz darauf beginnt das Schreikonzert der sieben Brüllaffen über unseren Köpfen. Summa Summarum machen wir also einiges mehr als der Durchschnitts Montezumist, weshalb wir uns ein leckeres Abendessen bei der Soda Tipica Las Palmeras - und geniessen tolle Rippchen und einen ganzen Red Snapper.

 

Tags darauf spüren wir wieder die Abenteuerlust und machen uns deshalb auf in Richtung Manuel Antonio. Und das am Gründonnerstag… Es beginnt mit Stau auf den Strassen und gipfelt in vollen Hostels. So hören wir zumindest, denn in Quepos angekommen - dem nächstgelegenen Dorf vor dem Nationalpark Manuel Antonio - scheint unsere erste angepeilte Unterkunft ebenso voll zu sein, wie die beiden Hostel, welche wir auf dem Weg im Bus (mit Wifi, ohne Klimaanlage - es werden Prioritäten gesetzt) angefragt hatten. Dann der grosse, glückliche Zufall: An der Rezeption stehen tatsächlich Lea und Anja. Wir trauen zuerst unseren Augen nicht (sie hatten eine andere Route geplant) und hören dann, das sie sich das letzte Zimmer ergattert haben. Geschlagene fünf Stunden waren sie mit dem Auto auf der Suche nach einer Bleibe, bis sie endlich fündig wurden. Der Zufall will es, dass wir gleichzeitig an der Rezeption auftauchen - und ihr Zimmer neben einem Hochbett noch ein Doppelbett hat. Unsere zwei Heldinnen gewähren uns eine Nacht Asyl, bis wir im Hostel Serena Vista einchecken dürfen. Als Dank kochen wir Spaghetti und (etwas angebrannte) Nachos con Queso.

 

14. April, Tag 33 - Manuel Antonio: Vamos (todos) a la playa!

So, jetzt aber wirklich: Unsere Wege trennen sich endgültig von denen von Anja und Lea und wir nehmen ein letztes Mal Abschied. Dann fahren wir mit dem Bus zum Hostel Vista Serena und sind erstmal sprachlos wegen der atemberaubenden Aussicht von der Terrasse: Dschungel und Meer. Obwohl es uns etwas reut die Hängematte zu verlassen wollen wir den scheinbar schönen Strand gleich neben dem Eingang des Manuel Antonio testen. Bereits der erste der alle 15 Minuten fahrenden Busse lässt aber erahnen: Wir sind mit dieser Idee wohl nicht alleine. Somit stopfen wir uns 30 Minuten später ins zweite Fahrzeug. Am Meer angekommen erleben wir das, wovor uns in den Tagen zuvor gewarnt wurde: Gefühlt jeder Tico liegt an diesem tatsächlich sehr hübschen Strand und geniesst die Osterferien. Zelte, Grillstationen und aufblasbare Plastikviecher soweit das Auge reicht. Wir laufen bis ans Ende des Strandes und dort finden wir tatsächlich ein ruhiges Plätzchen. Vielleicht liegt das auch daran, dass dieser Abschnitt früher mal ein FKK-Strand war, heute tummeln sich hier weitgehend junge Männer herum. Kein Problem für uns, wir geniessen die Ruhe, bevor wir am Abend einen schönen Sonnenuntergang von der Hängematte aus verfolgen.

 

15. April, Tag 34 - Manuel Antonio: Da is’ es, da is’ das Ding!

Früh geht es aus den Federn, damit wir zur Öffnung des Nationalparks (7 Uhr) die Ruhe vor dem (An)Sturm erleben dürfen. Schliesslich gilt der Manuel Antonio auch ausserhalb von Ostern als der meistbesuchte Nationalpark des Landes - insbesondere weil hier die Chance am grössten sein soll, viele Tiere zu sehen. So ist es auch: Kaum sind wir drin, hüpft ein Äffchen von einem Ast zum anderen und am Boden wuselt sich ein Guatasa durch die Blätter. Später erspähen wir (dank einem Guide einer Gruppe) eine Drachenechse und dann, endlich: Unser erstes Faultier. Obwohl wir uns erst in Montezuma etwas erholen konnten sind wir schon ein bisschen eifersüchtig auf das gemütliche Leben dieses Zeitgenossen, der sich auch von kreischenden Kindern und aufgeregten Erwachsenen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Gemütlich hängt es an seinem Ast und lächelt vor sich hin.

 

Nach knapp vier Stunden Wanderung durch den Park, inklusive einer Besteigung zum Aussichtspunkt, lassen wir uns am tollen Strand innerhalb des Parkes nieder. Hinter uns tollen Affen herum und später streiten sich Waschbären wenige Meter neben unseren Badetüchern um Essen. Das wirkt zuerst ziemlich süss, bis eines der frechen Dinger unser essen klauen will. Dieser Angriff wird aber heroisch abgewehrt, sodass Herr oder Frau Waschbär sich wieder dem einfachen, herumliegenden Essen zuwidmet.

 

Alles in allem ist der Manuel Antonio nicht so schlimm frequentiert, wie wir zuerst befürchtet haben.  Viele Touristen schrecken wegen der hohen Besucherzahlen vor einem Besuch zurück, dabei finden wir, dass sich ein eintägiger Abstecher durchaus lohnt. Bevor wir weiterziehen gönnen wir uns einen selbstgemachten Osterschmaus mit gebratenen Kartoffeln und Kochbananen sowie Chicken Nuggets.

 

16. und 17. April, Tage 35 und 36 - Uvita: Schlafen im Baumhaus

Zur Abwechslung benötigen wir nur einen Bus und zwei Stunden, bis wir zum nächsten Ziel gelangen: Uvita. Höhepunkt hier ist der Meeresnationalpark Marino Ballena. Benannt nach einem Walfisch, weil ein Teil des Strandes wie eine Flosse der riesigen Tiere aussieht. 

 

Unser erstes Highlight ist aber die Unterkunft: Das Flutterby Hostel ist nicht nur von Dschungel umgeben, sondern glänzt vor allem durch Baumhäuser, in denen übernachtet wird. Von der Hängematte aus (direkt unter unserem Bett) beobachten wir einen Tukan und amüsieren uns an den frei herumrennenden Hühnern. Somit kommen wir doch noch ins Osterfeeling mit unserer Eiersuche. Die Nacht selber ist ein spezielles Gefühl: Gefangen in einem dichten Moskitonetz - allerdings wohl nicht dicht genug, wie die Ameisenkolonie im Bett am nächsten Morgen belegt.

 

Am zweiten Tag in Uvita besuchen wir den Strand - und sind überwältigt. Er ist nahezu verlassen (Uvita scheint ein Geheimtipp für Touristen zu sein), umgeben von Natur und Palmen. Mit den gemieteten Schnorcheln begeben wir uns in die Unterwasserwelt und verpassen leider nur knapp einen kleinen Hai, der in Riffnähe auf Fischjagd geht - das zumindest erzählen uns zwei Franzosen, die wenige Minuten vor uns ins Wasser gingen. Bereits am frühen Nachmittag kehren wir um, denn die Flut naht und soll innert wenigen Minuten den ganzen Strand mit Wasser bedecken.

 

18. April, Tag 37 - Reise zum Bolita Hostel: Drei Tico-Stunden

Heute fängt das Abenteuer erst richtig an! Die nächsten drei Nächte wollen wir im Bolita Hostel übernachten - einer Unterkunft ohne Strom mitten im Regenwald und an der Grenze zum Corcovado Nationalpark (gemäss Reiseführer und Berichten im Internet der spektakulärste Nationalpark Costa Ricas, wenn nicht von ganz Zentralamerika). Um dorthin zu gelangen müssen wir von Dos Brazos, einem kleinen Kaff nahe des Parkeingangs, 30 Minuten durch den Dschungel und durch einen Fluss wandern. Deshalb müssen wir spätestens um 17 Uhr von dort loslaufen, um noch vor Dunkelheit im Hostel anzukommen. Von mehreren Leuten (unter anderem einem ehemaligen Bolita-Volonteer) lassen wir absegnen, dass der 11:30 Bus von Uvita aus reicht, um rechtzeitig anzukommen. Nun gut, es reicht nicht. Auch weil der Bus in Uvita und der in Chacarita, wo wir umsteigen müssen, sich über eine halbe Stunde verspäten. Wir kommen um 17 Uhr in Puerto Jimenez an, unser Shuttle nach Dos Brazos fuhr um 16 Uhr ab. So bleibt uns nichts anderes übrig, als die Nacht hier zu verbringen. Immerhin sind der Besitzer vom Hostel Lunas und unsere Zimmerpartner (eine Französin und ein Greiche) ziemlich nett. Wir lernen wie schlecht es nach wie vor um die griechische Wirtschaft steht, wie gut das Gesundheitssystem in Frankreich ist und wie besorgt die Leute vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen dort sind.

 

19. bis 22. April, Tage 38 bis 41 - Bolita/Corcovado: Welcome to the real Jungle - und ein schmerzlicher Verlust

Schon die Anreise zum Bolita Hostel ist abenteuerlich. Mit einem Kollektivtaxi holpern wir über Stock und Stein, bis wir ins 120-Seelen-Dorf Dos Brazos gelangen. Dort geben wir den Grossteil unseres Gepäcks ab und starten mit hauptsächlich Nahrungsmittel den 30-minütigen Fussmarsch durch Flüsse und Dschungel in Richtung unserer Unterkunft. Bachnass (nicht vor Anstrengung, sondern vor Hitze) kommen wir an, sind aber glücklich. Die Besitzer Ron und Val haben ein kleines Paradies aufgebaut: Ein wunderschönes Hostel mitten im Nirgendwo und 14 Kilometer Trails zu Wasserfällen oder einem Aussichtspunkt, von dem man den Vulkan in Panama sieht. Kaum angekommen begrüsst uns schon ein Tukan, ein paar Stunden vorher sollen Brüll- und Klammeraffen unmittelbar vor den Hängematten neben der Gemeinschaftsküche aufgetaucht sein. Obwohl das nicht nötig gewesen wäre erinnert uns Ron netterweise daran, dass wir uns mitten im Regenwald befinden: „Kochen und duschen noch vor Sonnenuntergang. Denn danach ist hier der Boden von Kröten übersät - und in der Dusche könnten Taranteln oder Schlangen sein.“

 

Vielfältiger könnte unser Besuch unmittelbar neben dem Corcovado-Nationalpark nicht sein: Wir schwitzen was das Zeug hält (ohnehin ist es aktuell in Costa Rica kaum unter 30 Grad, mit einer Luftfeuchtigkeit von gefühlt 820 Prozent), werden von einem Platzregen überrascht und ordentlich durchnässt, baden vor einem 11 Meter hohen Wasserfall, sehen Aras, Tukane, Affen und farbige Frösche, geniessen den Sonnenaufgang von bereits erwähnten Aussichtspunkt und klettern über umgefallene Bäume, Äste und Wurzeln. Allerdings müssen wir auch einen schmerzlichen Verlust verkraften: Bei einem Ausrutscher landet Fabian samt Kamera im Fluss. Fazit: Fabian unversehrt, Kamera tot. Ab sofort gibt’s also nur noch Handyfotos.

 

Zwar verlieren wir die Fotokamera, gewinnen aber Freunde aus Deutschland, Frankreich,Italien und Dänemark. Bei Kerzenlicht spielen wir Poker oder unterhalten uns über bisherige und bevorstehende Abenteuer. Nachtruhe ist spätestens um 21:30, denn bereits ab 19 Uhr fühlt es sich bereits an wie Mitternacht. Amüsant ist der Proviantvergleich mit den Deutschen. Während das Paar gerade mal einen Sack Reis und Bohnen mitgebracht hat, schleppten wir Reis, Teigwaren, Cornflakes, Milchpulver (es hat hier keinen Kühlschrank), Eier, Tomatensauce, Bohnen, Früchte, Gemüse, Toastbrot, Tortillas und Snacks hoch.

 

 

Nach drei wunderschönen Nächten verlassen wir schweren Herzens den magischen Ort, freuen uns aber auf das bevorstehende Ziel: Bahia Drake, von wo aus wir zu den Caño Inseln auf einen Tauchausflug gehen. Die Aussicht, angeblich an einen der schönsten Tauchplätzen Lateinamerikas, wenn nicht gar weltweit, zu gehen tröstet uns genauso über den Abschied vom Bolita Hostel hinweg, wie die Tatsache, dass uns in der letzten Nacht gleich drei grosse Spinnen über den Weg laufen. So wird der Abgang erleichtert.

23. April, Tag 42 - Bahia Drake: Hai, how are you?

Mit leichter Verspätung donnern wir mit dem Motorboot von Bahia Drake bis zu den Caño Inseln. Wieso wir später dran sind? Zuerst mussten wir gefühlt jeden verfügbaren Taucheranzug anprobieren, bis endlich einer sass, anschliessen warteten wir fünf Tico-Minuten (fast eine dreiviertel Stunde), bis Guide Jean-Paul den Papierkram fürs Naturschutzgebiet erledigen konnte. Dafür ist nun die Freude umso grösser, schliesslich sei die Chance gross, auf dem Weg zu den Inseln Delfine und Meeresschildkröten zu sehen. Ausserdem soll es ein „weltklasse Tauchgang“ werden, wie online den Bewertungen zu entnehmen ist. Eine leichte Enttäuschung: Delfine und Schildkröten lassen sich keine blicken, dafür ist unser Tauchgang umso spektakulärer. Kaum sind wir ein paar Meter unter der Wasseroberfläche schwimmt seelenruhig ein Weissspitzenhai an uns vorbei. Nur wenig später huscht ein Amerikanischer Stechrochen aus seinem sandigen Versteck. Neben den dutzenden Rochen und Haien sehen wir auch eine Muräne, viele farbige Fische, eine Red-Snapper-Schule und mehrere spektakuläre Fischschwärme. Ein einzigartiges Gefühl.

 

Anschiessend beobachten wir noch wunderschöne Aras vom Strand aus, unternehmen eine Jungle Tour und lassen den Tag beim schönen Sonneuntergang im Meer ausklingen.

 

24. April, Tag 43 - Reise nach Cahuita: Back to reality!

 

Zum nächsten Ziel, Cahuita, führt uns der Weg zurück nach San José, da wir nun vom Pazifik zur Karibik Küste wechseln und sich zwischen der kurzen Luftlinie alles Nationalpark befindet. Wir starten mit einem Taxiboot und enden 8 Stunden später mit dem Bus an unserem Ausgangspunkt. Einzige Aufregung bleibt die alte sture Dame, welche sich mit ihrem billigeren Stehplatz-Ticket auf unseren nummerierten Sitzplatz gesetzt hat und auch nach Aufforderung des Buschauffeurs ihren Allerwertesten nicht bewegt. Die eine Hälfte der Reisegruppe ärgert sich, die Andere spielt Gentleman und steht über eine Stunde, bis jemand aussteigt. Beim Halt muss die Alte noch einmal böse Blicke der verärgerten Hälfte kassieren, welche zum Glück nicht tödlich enden.

 

In San José sind wir nach über zwei Wochen Dschungel und Dorfleben mit den vielen Menschen und dem Stadtleben zuerst etwas überfordert, finden dann aber unsere bisher billigste Absteige in der nähe unseres Busterminals, von wo aus morgen die Fahrt weiter geht. Bevor wir in unseren Schlafsack kriechen (das erste Mal ekelt uns der Bettanzug) gönnen wir uns noch eine fettige Pizza inkl. Käse im Rand vom Pizza Hut.

 

25. bis 27. April, Tage 44 bis 46 - Cahuita: Faultier Megastore

 

4 Stunden Busfahrt bringen wir hinter uns, bis wir das idyllische Dörfchen erreichen. Nach Ankunft relaxen wir am Pool und planen unsere nächsten Tage.

 

Mit der Sonne, stehen wir auch heute früh auf. Dem Alter entsprechend (der Eine geht mit grossen Schritten auf die 30er Marke zu) sind wir zu Frühaufsteher mutiert. Da die Sonne vor 18 Uhr unter geht, ist um 21 Uhr stockdunkle Nacht und die Müdigkeit meldet sich bereits. Da die Tiere am Morgen besonders aktiv sind, eignet sich das perfekt um den Nationalpark von Cahuita zu erkunden. Nach wenigen Metern im Park erspähen wir schon das erste Faultier. Diesem folgen noch einige mehr. Zudem lassen sich Kapuzieneräffchen, eine Drachenechse, ein Leguan, Waschbären und einige Spinnen blicken. Wir schlendern 8.3 km dem Meer entlang und bestaunen die unberührten Strände. Einen kleinen Abschnitt davon geniessen wir liegend und lassen die Seele baumeln. Beide sind kurz vor dem einnicken als wir eine Touristin rufen hören „Attention your bag! Attention!“ Im letzten Moment können wir unseren Rucksack noch vor dem kleinen, frechen, diebischen Schlawiner in Sicherheit bringen. Die Kapuzieneraffen sind die aggressivsten und versuchen scheinbar öfters Essen aus Taschen zu klauen. Wie Einer erfolgreich eine Banane aus einem Plastiksack stiehlt können wir sogar noch sehen. Der Beklaute reagiert besonnen und wehrt sich nicht gegen den Diebstahl - besser so, denn die Affen neigen dazu, auch mal zuzubeissen, wenn sie ihre Beute unbedingt wollen.

 

Den Sonnenuntergang bestaunen wir in der Strandbar bei einem leckeren und erfrischenden Erdbeerdaiquiri.

 

Wir entschliessen uns am nächsten Morgen, die Base in den 19 Km entfernten Ort „Puerto Viejo“ zu verlegen von wo aus wir verschiedene Strände besuchen und dann drei Tage später nach Panama reisen werden.

 

Nach der kurzen Fahrt im Bus, beziehen wir unseren 4er Dorm im Hostel Kinkaju, relaxen am Ortsstrand und erkunden das Dörfchen.

 

28. bis 30. April, Tage 47 bis 49 - Puerto Viejo und Reise nach Panama: Roadtrip along the beaches

 

Heute steht ein etwas anderer Roadtrip an. Nämlich mit dem „Göpel“. Zuerst sorgen wir uns etwas bei dieser Hitze so lange der Sonne ausgesetzt zu sein, doch wir erfreuen uns ab einem tollen Fahrtwind. Gesamt legen wir mit den Velos 30 km zurück. Den erste Halt legen wir beim „Jaguar Rescue Center“ ein. Dort zeigt uns der Zürcher Volunteer alle aktuellen „Patienten“. Leider war noch ein polnisches Paar in unserer Gruppe auf Deutsch, sonst hätten wir anderen 8 Schweizer eine Tour auf Schweizerdeutsch haben können. Zu Beginn kommen wir an diversen Schlangenarten vorbei. Diese halten sie bei sich, um die Gegengifte für Schlangenbisse herzustellen. Über 200 Bisse gibt es jährlich, 70% von der Lanzenotter. Costa Rica sei bestens ausgerüstet und könne mittels Bluttest und Reaktion der Haut (diese verfärbt sich wenn der Biss giftig ist) ermitteln, von welcher Schlange der Biss stammt. Wenn man vor 6h nach dem Biss das Gegengift spritzen kann, sollte es keine Probleme geben. Wenn nicht kann es zu Amputationen oder sogar zum Tod führen. Wir machten uns dann schon Gedanken, wenn man bedenkt, dass wir nun schon einige Male in abgelegenen Gebieten auf mehreren Kilometer langen Trails ohne Netz unterwegs waren. Die meisten Schlangen seien aber schüchtern und verziehen sich sobald sie dich hören. Die Lanzenotter ist jedoch sehr aggressiv und verteidigt ihr Revier. Er empfiehlt, wenn man sie sieht am besten umdrehen und allenfalls die Strecke 2 Stunden später noch einmal versuchen zu passieren, sonst kann es bissig enden. Fabian hat nach den vielen gesichteten Schlangen seine Phobie zum Glück überwunden. Bei der Begegnung mit der ersten Schlange um den Hals eines Verrückten Kubaners in der Fussgängerzone in Santiago de Cuba hat er einen riesen Bogen um den Typen gemacht und zurück geschaut, bis er aus dem Blickfeld verschwunden war und inzwischen Fotografiert er die Dinger sogar.

Weiter geht die Führung zu den Faultieren inkl. Babies, Affenbabies, Krokodilen, Eulen, Vögel, Raubkatzen, Guatasas, etc. Alle sind hier weil sie verletzt sind, die Mutter verloren haben, zu alt sind oder aus sonstigen Gründen zu diesem Zeitpunkt selber nicht überleben könnten. Darum behalten sie die Tiere bei sich, pflegen sie und versuchen sie teils mehrmals wieder auszuwildern.

Zwei Stunden später radeln wir weiter bis nach Manzanilla. Dort gönnen wir uns gleich neben dem Nationalpark eine Erfrischung im Meer, legen uns hin und Schnorcheln in den Riffen. Anschliessend kehren wie um und geniessen noch die Traumstrände „Punta Uva“ und „Chiquita“ welche fast menschenleer sind und mit ihrem weissen Sand und dem klaren Wasser locken. Man spürt klar den Unterschied zur Pazifikküste.

 

Tags darauf müssen wir leider für die letzte Nacht das Hostel wechseln, da das andere übers Wochenende ausgebucht ist. Wir legen uns noch an den Playa Cocles und geniessen das Nichtstun. Am Abend gibts seit einer gefühlten Ewigkeit wieder einmal Burger.

 

Ab heute wartet Panama auf uns. Wir sind gespannt wie der Grenzübergang verläuft, da wir schon einige Geschichten gehört haben und uns zur Sicherheit extra einen Fake-Flug aus Panama raus gebucht haben. Eine Stunde lässt uns Costa Rica noch die Landschaft vom Bus aus bestaunen, dann heisst es aussteigen und zu Fuss über die Grenze. Wir werden etwas mit Fragen gelöchert, aber die Beamten sind sehr freundlich und begnügen sich mit unserem echten Flugticket von Bogota nach Zürich.

 

Anschliessend fahren wir mit einem Kollektiv-Taxi eine weitere Stunde bis nach Almirante und von dort aus mit dem Taxiboot ca. 45 min nach Bocas del Toro.

 

Dort angekommen beziehen wir das empfohlene Hostel Hansi, erkunden die Stadt und buchen den Schnorchel- und Inseltrip für den speziellen Tag morgen.

 

 

Fazit Costa Rica:

 

Die „Schweiz Zentralameikas“ macht ihrem Namen alle Ehre: Die Preise sind wesentlich höher, man kann tatsächlich an den meisten Orten das Leitungswasser trinken und die Natur ist spektakulär. Rund 70% des Landes ist Regenwald und ein grosser Teil davon gilt als Naturschutzgebiet. Dabei kann man nicht nur in den Nationalparks die Artenvielfalt geniessen und Faultiere, Affen, Echsen, Tukane, Aras, Frösche und viele weitere exotische Tiere in freier Wildbahn beobachten. Die Bäume im Nebelwald erinnern uns dann auch mal an schneebedeckte Berge. Zeigt sich da ein Anflug von Heimweh?

 

Kein Wunder gelten die Ticos als das glücklichste Volk weltweit. Zwei Sachen haben sie der Schweiz sogar voraus: Das Militär wurde abgeschafft, das dafür vorgesehene Budget wird dafür in Bildung investiert. Zudem kann man in Costa Rica bei Drive-in nicht nur Burger von MC Donalds holen sondern auch Geld von Bancomaten.

 

Mit dem öffentlichen Verkehr kommt man sehr gut voran. Das Strassennetz wird durch die geschützte Natur etwas erschwert, so muss man teils für kurze Luftlinien weite Distanzen zurücklegen. Die Maximalgeschwindigkeit von 20 km/h bergauf lässt einem auch nicht unbedingt schneller ans Ziel kommen. Wegen der Schlaglöcher ignoriert man des öfteren durchgezogene Sicherheitslinien. 

 

Beim Essen bleibt Menu 1 - Reis und Bohnen. 

 

 

Wir empfehlen Costa Rica auf jeden Fall zu bereisen, doch sollte man das grosse Portemonnaie einpacken.

 

Preisliste Costa Rica:

 

 

Dreistündige Busfahrt: ca. 6$

Hostelbett: 10-15$
Doppelzimmer im hostel: 30-40$
Casado im restaurant: 5-9$
Zmorge im Restaurant: 4-8$
Brot im Supermarkt: ca. 1.5$
1.5L Wasser (man kann meist vom Wasserhahn trinken): 1.5-2$
Pizza oder Spaghetti: 9-16$
Bier: 1-2$
Cocktails: 4-8$
Eintritt Nationalpark: 10-20$
Guide Nationalpark: 20-25$ (Corcovado 80-90$!)

Zwei Tauchgänge: 125 - 130$

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rot = Vermischtes, Grau = Abzocke

 

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Panama

 

 

1. Mai, Tag 50 - Ein würdiger Geburtstag

 

Es ist ein grosser Tag. Eine sechsstündige Tour wartet auf uns. Zur Stärkung gönnen wir uns die überragenden Bananen-Pancakes vom Rum Runners, dann geht’s ab aufs Boot. Und bereits der erste Halt verspricht vieles: Dolphin Bay. Die Chance hier herumtollende Delfine zu sehen soll gemäss Tourguide bei 80 Prozent liegen. Er verspricht nicht zu viel. Kaum angekommen sehen wir schon eines der süssen Tiere aus dem Wasser springen. Richtig spektakulär wird’s als der Captain beschliesst, ein paar Runden zu drehen und dadurch Wellen zu erzeugen. Zwei Delfine haben richtig grossen Spass daran und springen in den Wellen herum. Nicht nur kleinen Kindern entfährt in diesem Moment ein „Juhuuu“.

 

Als nächstes Highlight gehen wir 45 Minuten im Coral Bay schnorcheln. Auf dem Weg dorthin überrascht uns die Crew mit einem kurzen Stop an einem Ort, wo zahlreiche farbige Seesterne zu sehen sind. Manche grösser als unser Kopf. Auch Coral Bay hält was es verspricht - viele farbige Korallen und Fische machen den Ausflug zum Erlebnis. Als letzte Attraktion steht die Trauminsel Cayo Zapatilla an. Türkisfarbenes Wasser, weisser Sandstrand und unzählige Palmen sorgen für einen atemberaubenden Anblick. Dank drei kleinen Inseln unweit der Küste wird der Ort fast schon kitschig. Zwei Stunden baden und schnorcheln wir da, treffen einige ziemlich grosse Fische, bis wir wieder zurück nach Bocas Town fahren.

 

Zum Nachtessen macht die Burgerbar ihrem Namen alle Ehre: Die Burger sind spektakulär und ein würdiger Abschluss eines fantastischen Tages.

 

2. Mai und 3. Mai, Tage 51 und 52 - Bocas del Toro und Weg zum Lost and Found

 

Voller Vorfreude fahren wir zum Boca del Drago, der zusammen mit der Playa Estrella das Highlight unserer Insel sein soll. Wir geniessen es nur kurz, weil es nicht lange nach unserer Ankunft beginnt wie aus Kübeln zu schütten. Die vor kurzem begonnene Regenzeit lässt grüssen.

 

Tags darauf ist unser Inselabenteuer vorbei und wir machen uns auf zum Lost and Found Hostel, sozusagen dem Bolita Hostel Panamas. Zwar ist die Wanderung von der Busstation bis zur Unterkunft nicht so lange, weil wir dieses Mal aber all unser Gepäck dabei haben ist sie nicht minder anstrengend. Deshalb steht die Zeit nach unserer Ankunft erstmal im Zeichen der Erholung.

 

Cool wird es am Abend. Nicht nur von den Temperaturen (viel kälter im Vergleich zur Insel und Puerto Viejo), sondern wir unternehmen unsere erste Nachttour. Guide Paco glänzt durch Fachwissen und sein Adlerauge. Wir sind keine Minute unterwegs, schon hebt er eine kleine, schwarze Schlange auf. „Ungiftig“, sagt er grinsend und streckt sie uns hin. Später lernen wir nicht nur Rocky, den hosteleigenen Honigbären, kennen, sondern sehen auch Taranteln und eine weitere Schlange. Dazu gibt Paco uns wichtige Tipps, wie wir im Dschungel überleben können. Dies aus einem traurigen Anlass: Vor nicht so langer Zeit haben sich zwei Backpackerinnen verirrt - ihr Tod soll zwar sicher sein, allerdings wurden die Leichen noch nicht gefunden.

 

4. und 5. Mai, Tage 53 und 54 - Lost and Found Hostel: Besser als Gold

 

Die Besitzer dieser Lodge im Dschungel haben sich etwas cooles einfallen lassen: Statt normal auf ihren Trails zu wandern, kann man eine Schatzsuche unternehmen. Dabei müssen wir immer wieder ein Rätsel lösen, um zum nächsten Hinweis zu kommen. Gemeinsam mit dem frisch verheirateten Paar Sophie und Flo aus Kaiserslautern machen wir uns auf die Suche.

 

Fast sechs Stunden sind wir unterwegs, überqueren Flüsse, klettern Wurzeln hoch und bekämpfen Höhenmeter en masse. Der grösste Erfolg ist aber nicht, dass wir das Rätsel lösen konnten und uns am Abend einen Preis (M&Ms und Erdnüsse) abholen konnten, sondern wir sehen unterwegs tatsächlich ein Jaguarundi. Und das, beim „Pink Panther Canyon“. Authentisch. Später erfahren wir von Paco, dass Jaguarundis eigentlich Nachtaktiv sind und deshalb kaum gesehen werden. Sie riechen die Menschen schon aus weiter Entfernung und machen sich sofort aus dem Staub. Unser Freund lässt sich aber nicht stören und spaziert friedlich dem Fluss entlang. Wir sind uns alle einig: Dieses Erlebnis ist besser als jedes Gold, das wir während einer Schatzsuche finden könnten.

 

Vom Rätselfieber gepackt unternehmen wir am nächsten Tag gleich die nächste Schatzsuche - diese führt jedoch nur durchs Hostelgelände, soll aber bis zu sechs Stunden dauern. Hier müssen wir einen ungeklärten Mordfall an drei Backpackern lösen, dafür dürfen wir sogar in die (natürlich gefakte) Interpol-Datenbank. In rekordverdächtigen drei Stunden lösen wir den Fall und holen uns am Abend ein Bier und einen Tequila-Shot als Belohnung ab. 

 

 

Den Tag lassen wir mit Tischfussball und einem Gesellschaftsspiel mit anderen Backpackern ausklingen. Es geht darum, einen Satz möglichst makaber zu beenden. 

 

6. bis 8. Mai, Tage 55 bis 57 - Boca Brava: Eidg. Dipl. Dres. Kokos Nüsse 

Zur Abwechslung steht mal wieder in Panama eine Insel auf dem Programm. Obwohl die Anfahrt gar nicht mal so schwer ist, gilt die Boca Brava als Geheimtipp. Zumindest schreibt das unser Reiseführer. Tatsächlich müssen wir nur zweimal den Bus wechseln, bis wir Boca Chica erreichen und dort mit dem Wassertaxi vom hochmotivierten Jay zur Insel Boca Brava fahren. Ziemlich bald senkt Jay den Preis einer Inseltour von 90 auf 60 Dollar, wir dürfen das aber niemandem verraten. Blöderweise geben wir die Information den deutschen Touristen weiter, die neben uns im Hotel Howlers Bay die einzigen Gäste sind. Ups. Ihre Antwort: „Uns hat er dasselbe gesagt - und wir hätten das auch für uns behalten müssen. Ups.“ Ob es schlimm ist, dass es jetzt im Internet steht? Ups. Wir vergessen die Diskussion ziemlich schnell, denn die Aussicht von der Gemeinschaftsterrasse verschlägt einem die Sprache. Türkisblaues Wasser, mehrere Inseln und Palmen bilden ein spektakuläres Panorama, abgerundet durch den Klang der Brüllaffen und Vögel. Der Ausblick entschädigt sofort für die gefühlt 1000 steilen Treppenstufen vom Bootssteg hoch zum Hotel.

 

Wir geniessen noch den Inselstrand, bevor sich gegen Abend der Himmel verdunkelt. Hotelbesitzer Kent beruhigt uns: „Wenn es bis 18 Uhr nicht regnet, bleibt es über Nacht trocken.“ Wäre wichtig für uns, schliesslich schlafen wir in einem Zelt. Dem ist leider nicht so. Um 1 Uhr in der Nacht verlegen wir unser Nachtlager stark angefeuchtet in die Küche. Voller Vorfreude erwarten uns dort die blutrünstigen Moskitos. Wir hatten definitiv schon bessere Nächte.

 

Glücklicherweise dauert die nicht ewig. Um 8 Uhr stehen wir auf, weil wir gemeinsam mit Jakob und Jana die auf 20 Dollar heruntergehandelte Tour zur Insel Bolaños in Angriff nehmen. Vorher bekommen wir von Kent die freudige Nachricht: Wegen unserer harten Nacht offeriert er uns heute Abend in der Cabina mit Mehrblick zu übernachten. Und der Tag geht grossartig weiter: Jay hat nicht zu viel Versprochen als er uns sagte, dass der Strand bei der Insel Bolaños überragend sein soll. Weisser Strand, hohe Palmen und wir sind völlig alleine. Wir bekommen eine Vorstellung davon, wie das Paradies aussehen könnte. Mehr als drei Stunden bleiben wir auf Bolaños - da bleibt Jakob sogar noch Zeit eine Palme hochzuklettern und eine Kokosnuss zu pflücken. Zurück in der Unterkunft sind wir begeistert, das süsse und erfrischende Kokoswasser macht Lust auf mehr. So gehen wir mit Machete bewaffnet zum Inselstrand, wo zahlreiche saftige Kokosnüsse die Palmen zieren. Und wir stossen auf Gold: Keine Stunde nach Losmarsch sind wir um sage und schreibe 19 Kokosnüsse reicher. Kent bleibt die Spucke weg und gratuliert uns zur erfolgreichsten Kokosnussernte in der siebenjährigen Hotelgeschichte. Zwar zerbrachen einige der Früchte beim Aufprall auf den Boden, dennoch gewinnen wir 2,5 Liter vom gesunden und köstlichen Wasser. Abenddrink und Morgenkaffee sind gesichert! Das wird mit einer kubanischen Zigarre gefeiert. Für uns kommt der Abend noch besser: Zuerst besichtigen wir unsere Cabina (spek-ta-ku-lär!), anschliessend belegen wir Schweizer Platz 1 und 2 im Yatzi (oder für unsere deutschen Freunde: Kniffel) - obwohl Jana gleich drei Yatzis/Kniffel würfelt und wir ihre Spielregeln berücksichtigen.

 

Am nächsten Morgen, wir erwachen vom Geschrei der Brüllaffen und mit einem traumhaften Ausblick auf Meer und Inseln, müssen wir schweren Herzens Abschied von unserer Cabina und Boca Brava nehmen. Immerhin: In Las Lajas, unserer nächsten Station (keine zwei Stunden von Boca Chica weg), gönnen wir uns zum Abendessen ein saftiges Steak - gegrillt nach argentinischer Art.

 

 

9. und 10. Mai, Tage 58 und 59: Las Lajas und Santa Catalina: Habemus Turtles!

Unsere Lektion des Tages: Der 20 Kilometer lange Strand von Las Lajas (gemäss Lonely Planet der längste Zentralamerikas) ist bei Sonnenschein sehr, sehr hübsch. Am Morgen wirkt der Sandstrand wegen der Ebbe endlos und auch hier sind kaum Touristen anzutreffen. Der Abschied gegen Mittag fällt schwer, aber Santa Catalina wartet auf uns. Und Santa Catalina muss lange warten: Sechseinhalb Stunden dauert die Reise, obwohl es keine 200 Kilometer sind. Im letzten Bus hören wir die ganze Zeit ein Piepen. Zeitweise zweifeln wir an uns selber. Piepts bei uns wohl? Bei der vorletzten Station wird das Rätsel gelöst: Die Frau vor uns steigt aus und nimmt vom Busfahrer ihren Karton im Empfang. Aus den Luftlöchern strecken Küken ihre Köpfchen heraus.

 

Etwas erschöpft kommen wir an, begeben uns aber sofort zum Scuba Coiba Tauchcenter - schliesslich sind wir wegen dem „World class diving“ (Tripadvisor) hier.

 

Tags darauf geht der Trip um 8 Uhr Morgens los. Knapp eine Stunde fahren wir mit dem Motorboot zum ersten Tauchspot. Dort sehen wir wieder unzählige Haie, viele farbige Fische und ein paar Muränen. Auf Wasserschildkröten hoffen wir aber vergebens, obwohl Guide Kristine speziell für uns nach ihnen Ausschau hält. Bei einer Sichtweite von knapp fünf Metern ist es aber auch eine schwierige Aufgabe. Kristina, immerhin mehr als 4000 Tauchgänge schwer, habe noch nie eine schlechtere Sicht gehabt. Auch beim zweiten Tauchgang treffen wir auf keine Schildkröten, dafür schwimmen wir durch zwei tolle, eng beieinanderliegende Korallenriffs und besuchen eine von Haien bewohnte Höhle. Vor der dritten Runde lunchen wir auf der „schönsten Insel vom Nationalpark Coiba“ (Zitat Kristina). Und tatsächlich: Nach Besuch dieser Insel wissen wir definitiv, wie das Paradies aussieht! Weisser als dieser Sand ist wohl nur Neuschnee, das Wasser kristallklar und die Insel nahezu unberührt. Die einzigen Fussabdrücke sind von einem vier Meter grossen Krokodil, das Abends jeweils im Meer jagen geht. Obwohl wir knapp eine Stunde auf der Insel verbringen dürfen sind wir etwas traurig, als wir zum dritten Tauchgang aufbrechen und das Paradies verlassen müssen. Viel Zeit zu trauern bleibt aber nicht: Kaum legen wir beim Spot an graben sich Sorgenfalten in Kristinas Stirn. Die Strömung ist ziemlich stark, möglicherweise zu stark für uns Anfänger. Wir wagen es dennoch - und werden es nicht bereuen. 

 

Erstmal steht aber der harte Kampf gegen das Wasser an. Auch auf knapp zwölf Meter tiefem Untergrund zieht es noch ziemlich giftig, sodass wir nach längerem Kampf uns ergeben und einfach mit der Strömung tauchen. Jetzt schwimmen die Haie an uns vorbei und nicht mehr umgekehrt. Und dann, endlich, fuchtelt Kristina herum und es steigt weisser Rauch auf: Habemus Turtle! Gleich neben uns schwimmt seelengemütlich eine riesige Wasserschildkröte an uns vorbei. Später sehen wir sogar eine zweite Schildkröte und eine Tiger Snake-Eel - auch Kristina hat noch nicht viele davon gesehen. So beenden wir unsere Tour mit einer nahezu komplettierten Bucketlist, einzig der Walhai liess sich nicht blicken (Saison ist Januar/Februar).

 

11. und 12. Mai, Tage 60 und 61: Panama City und Reise nach Puerto Lindo: Klassisch überfordert
Am frühen Morgen steht die Reise in die Hauptstadt Panamas an. Nach einer Holperfahrt steigen wir im Dorf Sonà um, der Bus ist überraschend komfortabel und der Actionfilm „Triple X 2“ sorgt für etwas Unterhaltung. Dennoch kommen wir nach der total rund fünfstündigen Reise etwas erschöpft an - hauptsächlich wegen der Hitze. In Panama City sind wir erstmal völlig überfordert. Der Busbahnhof ist riesig, Taxifahrer keifen schon von weitem und bieten eine Fahrt ins Zentrum an und lokale Busse brummen rund ums Gebäude herum. Ausserdem müssen wir eine aufladbare Buskarte kaufen, bevor wir losfahren dürfen. Im „Lunas Castle“ Hostel angekommen staunen wir aber gleich ob dem überragenden Ausblick auf die Skyline. Das Viertel ist sehr hübsch, allerdings wissen wir, dass am nächsten Abend bereits die Abreise in Richtung Puerto Lindo ansteht - unser Segelschiff nach Kolumbien wartet. So geniessen wir den Abendspaziergang, inklusive den Lichtern der gegenüberliegenden Hochhäuser.

 

Tags darauf machen wir uns früh auf, um vor der Abfahrt noch den Panamakanal besuchen zu können. Tatsächlich ist das Bauwerk ein einziges Wunder, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kanal vor mehr als hundert Jahren gebaut wurde. Die künstliche Wasserstrasse mit mehreren eigens dafür errichteten Seen ist 82 Kilometer lang. Von den Miraflores aus, die berühmtesten der drei Schleusen, haben wir einen tollen Ausblick auf das Prozedere, wie die Schiffe durchgeschleust werden. Die Kammern sind 304,8 Meter lang, 23,16 Meter tief und 33,53 Meter breit. Die komplette Durchfahrt der drei Barrieren soll zwei Stunden betragen. Die Grundgebühr für die grösstmöglichen Containerschiffe beträgt 340’000 Dollar, zuzüglich Nebengebühren pro Container. Für ein Kreuzfahrtschiff wird eine Grundgebühr von 263’980 Dollar fällig. 1928 wurde der niedrigste Preis in der Geschichte bezahlt: Den US-Amerikaner Richard Halliburton (1900–1939) an, der erste Mensch, der den Panamakanal durchschwamm, musste insgesamt 36 Cent berappen und brauchte für die Strecke total acht Tage. Der Kanal generiert rund acht Prozent des kompletten BIP Panamas.

 

Am späteren Nachmittag begeben wir uns zurück zum Albrook Busterminal, um den Bus in Richtung Puerto Lindo zu kriegen. Dafür müssen wir zuerst nach zweistündiger Fahrt umsteigen und dann einen Lokalbus nehmen. Die erste Etappe meistern wir souverän, anschliessen wird es etwas kritisch. Gute zwei Stunden warten wir an der stark frequentierten Bushaltestelle. Einerseits, weil unsere Destination weniger häufig angefahren wird, andererseits weil die drei Busse in dieser Zeit, die in unsere Richtung gefahren wären, hoffnungslos überfüllt sind. In das letzte Fahrzeug des Tages müssen wir uns dann irgendwie reinquetschen - mit den Rucksäcken ein wahres Kunststück. Die erste Stunde der Fahrt kleben wir nahezu an der Frontscheibe, anschliessend wird Fabian nach hinten verfrachtet, weil unser Gepäck bei jedem Halt aus- und wieder eingeladen werden muss, damit die Leute aussteigen können. Immerhin ist die letzte halbe Stunde angenehmer, wir können sogar sitzen! Dennoch kommen wir ziemlich entkräftet in Puerto Lindo an und dürfen netterweise zum Preis von zwei Dormbetten in einem kleinen Hotel mit Meerblick übernachten. Der Besitzer will im Gegenzug nur eine gute Bewertung auf Tripadvisor - auf Nachfrage nach dem Hotelnamen überlegt er lange, zuckt mit den Schultern und sagt „Puerto Lindo Hospitality!?“ 

 

13. bis 18. Mai, Tage 62 bis 67: Reise von Panama nach Kolumbien durch die traumhaften San Blas Inseln: Das Paradies!

 

Nach den letzten eher hektischen Tagen freuen wir uns umso mehr auf 5 1/2 Tage Entspannung. Mit 8 anderen Gästen (ein Paar aus der Westschweiz, ein Paar aus den Staaten, ein Kanadier, zwei Ladies aus Frankreich, ein pensionierter Aussie) werden wir mittels Motorboot auf die Wild Card verfrachtet. Normalerweise segelt diese mit 20 Gästen. Somit können wir uns sehr glücklich schätzen, denn zu Beginn scheint es sogar für die 10 Gäste eher knapp bemessen. Unter Deck bleiben zwar viele Betten frei, doch beim outdoor Chill-Bereich und „Esstisch“ hat es genau für jeden einen Sitzsack. Uns begleiten 7 Crewmitglieder, welche einen überragenden Job machen. Nathalie, die begnadete venezualische Köchin, verwöhnt uns bereits kurz nach der Losfahrt mit leckerem Reismix. Wir fühlen uns wie im Hotel Mama. Es folgen jeweils 4 hervorragende Mahlzeiten pro Tag. Das frühe Frühstück und das richtige Frühstück gefällt uns sehr. Die Menu’s variieren von Donuts zu Clubsandwiches, Fajitas, Hamburger, Hot Dog, Pasta bis zum BBQ am Strand (treffender Luxusoase genannt). Natürlich kommen auch die Fischfresser nicht z kurz. Es gibt Tintenfisch, Thunfisch, Fisch und einen fantastischen Lobster.

 

Bevor wir losfahren gibts bereits einen Sprung ins kühle Nass. Anschliessend fahren wir bis zum Abend und ankern bei der ersten Insel um am nächste Tag die Gebühr für die Inseln zu bezahlen. Der Sonnenuntergang ist bezaubernd. 

 

Das Erwachen mit diesen Kulissen ist der Wahnsinn. Es folgt eine Führung auf der ersten Insel, wo rund 350 Guna Yala (Ureinwohner) leben. Sie sind nahezu alle Selbstversorger, ihre Kinder gehen alle zur Schule und untereinander unterhalten sie sich immernoch in ihrer eigenen Sprache. Nur wenige der Gunas haben die Chance auf dem Festland einen Job zu finden - zu sehr leiden sie unter der Diskriminierung. Die Kinder strahlen Salome an, als sie aus einem Sack Süssigkeiten verteilt. Natürlich hat auch jede zweite Frau noch mindestens 3 Kinder zuhause die gerne „Bastillas“ haben.

 

Nach einem Hüpfer ins unfassbar klare Wasser gehts weiter zur ersten Trauminsel. Wir geniessen das Wasser beim baden, Standup paddeln und schnorcheln. Die unberührten Korallen machen uns sprachlos. Tauchen ist bei den Inseln leider verboten, was wohl aber auch dazu führt, dass die Unterwasserwelt so gut erhalten ist. Während unserem Eintauchen begegnen wir tausenden von Fischen und Schwärmen in allen Farben und Formen, Rochen, einer Riesenkrabbe und einem Tintenfisch. Eine weitere Roche am Grund des Meeres sehen wir sogar bei Standup paddeln, weil das Wasser so klar ist. Am weissen Strand sonnen wir uns, spielen Volleyball oder bewässern unsere trockenen Kehlen mit Bier. Der nächste tolle Sonnenuntergang folgt und auf gehts zur nächsten Insel. Es sind mit Abstand die schönsten Strände, die wir jemals in unserem Leben gesehen haben.

 

Wir haben eine tolle Zeit mit den neu gewonnen Freunden aus der ganzen Welt. Alle sind mindestens 4 Monate unterwegs. Tessalia und Benoit feiern auf dem Segelschiff ein Jahr Reise. Ein weiteres soll folgen. Die Schweizer haben ein sehr beeindruckendes Projekt (schnellyss.com). Mit dem Tandem radelten sie in Alaska los und wollen bis in einem zusätlichen Jahr ans Ende der Welt nach Ushuaia. Mark, der Pensionerte Aussie, ist ebenfalls ein Jahr mit dem Motorrad unterwegs. Wie lange die Reise noch dauern soll, wird das Portemonnaie bestimmen. Die restlichen Backpacker reisen wie wir. Beeindruckend aber auch die beiden Französischen Delphine, die Eine aus Paris und die andere aus Strassburg. Beide Reisen alleine und sind doch schon 10 Monate unterwegs. Wir unterhalten uns, geben gegenseitig Tipps und spielen „Werwolf“, haben eine Piratenparty mit Verkleidung und andere (Trink-)Spiele. Und wenn wir gerade schon bei Delfinen sind, diesen begegnen wir auch zwei mal. Am ersten Tag von weitem und am zweitletzten Tag schwimmen etwa 8 Stück lange mit uns mit und wir können diese tollen Tiere aus nächster Nähe beobachten.

 

Tags darauf ein weiterer Inseltraum. Leider aber bereits der Letzte. Man kann gar nicht genug bekommen von dieser Postkartenansicht. Auf den tollen Fotos wird es aber nicht einmal halb so schön dargestellt. Ausserdem waren zwei der vier Inseln die wir besucht haben unbewohnt.

 

Gegen frühen Abend brechen wir auf in die hohe See. Da die Meisten wie empfohlen zur Prävention Tabletten nehmen, bleiben wir von Seekrankheit verschont. Es folgen 1 1/2 wellige Tage mit praktisch keinem Schiff in Sicht bevor wir die Lichter am Horizont sehen. Captain Charli schreit „Cartagena in Sicht“. Es sieht toll aus wie die Lichter immer stärker werden und aus den Punkten plötzlich Hochhäuser werden. Fast um Mitternacht treffen wir im Hafen ein und ankern für die letzte Nacht, da am nächsten Morgen zuerst der Papierkram für uns gemacht werden muss bevor wir die Wild Card verlassen können.

 

Gestrandet suchen wir als Erstes eine Unterkunft. Im zentralen Hostel Green House kriegen wir Rabatt, da gleich mehr als 50% des Schiffs hier halt macht. Wir gewöhnen uns an das sehr heisse und feuchte Klima und den festen Boden unter den Füssen und machen einen ersten kurzen Spaziergang durch das wunderschöne Viertel Getsemani. Am Abend treffen wir uns mit allen für die Passübergabe, auf eine Pizza und Drinks.

 

Fazit Panama:

Dank dem Kanal gehört das Land zu den Reichsten in Zentralamerika. Allerdings ist die Schere zwischen Reich und Arm auch hier sehr gross, weshalb Wellblechhütten keine Seltenheit sind. Bezahlt wird kurioserweise in US-Dollar, allerdings wird die Währung manchmal auch "Balboa" genannt.

 

Die Leute sind sehr, sehr freundlich, hilfsbereit und scheinen meistens glücklich zu sein. Aufgrund der Grösse des Landes haben wir nur zwei Wochen eingeplant. Viel erwarten haben wir nicht, wurden dafür sehr positiv überrascht. Die Strände, insbesondere in San Blas, waren die Schönsten die wir jemals gesehen haben und auch sonst war die Landschaft vielfältig und spektakulär.

 

Überraschenderweise war Panama generell nicht viel günstiger als Costa Rica und unterscheidet sich auch sonst nicht gross davon. Die beiden Länder teilen sich sogar einen Nationalpark: El Parque National International La Amistad. Wenn man weiss wo kann man aber auch hier günstig und gut essen - man kommt auch ohne das ganz, ganz grosse Budget durch.

 

Panama besticht vor allem durch seine vielen schönen und kleinen Inseln, jeweils unweit vom Festland entfernt. Boca Brava beispielsweise ist ein wahres Schmuckstück und nach wie vor ein Geheimtipp. Davon gibt es mehrere und leider konnten wir bei weitem nicht alle diejenigen besuchen, die wir wollten (beispielsweise Isla Iaguna soll ebenfalls grossartig sein).

 

Preisliste Panama:

 

Dreistündige Busfahrt: ca. 7$

 

Hostelbett: 8-14$
Doppelzimmer im Hostel: 20-30$
Einheimisches Essen im Restaurant: 4-8$
Zmorge im Restaurant: 3-6$
Brot im Supermarkt: ca. 1$
1.5L Wasser (man kann meist vom Wasserhahn trinken): 1-2$
Pizza oder Spaghetti: 7-15$
Bier: 0,8-1,5$
Eintritt Nationalpark: 10-20$

Zwei Tauchgänge: 120$

Halbstündige Bootsfahrt: 2-4$

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rot = Vermischtes, Grau = Abzocke
Anmerkung: Im Entertainment ist die sechstagige Tour durch die San Blas Inseln nach Kolumbien (550$ p.P. inkl. Essen, zzgl. 20$ Eintritt San Blas.)

Colombia

 

19. und 20. Mai, Tage 68 und 69: Cartagena: A Place you have to see!

 

Wir schliessen Cartagena sofort ins Herz. Es ist sogar wohl die schönste Stadt auf unserer bisherigen Reise. Die traumhaften belebten Gassen mit bunten Häusern, die vielen Pflanzen und Blumen, die kreativen Strassenkünstler, der leckere und sehr preiswerte Streetfood, die tollen Viertel „Getsemani“ und „Old Town“ gefallen uns sehr. Die Altstadt ist von einer vierhundert Jahre alten Mauer umgeben.

 

Wir schlendern durch die Gassen, machen eine Schoggi-Tour (wir bereiten sogar unsere eigene Leckereien zu), lassen unsere Wäsche wieder einmal reinigen, fressen uns durch die Strassenstände, machen eine walking City Tour mit Edgar, Fabian gönnt sich einen Haar- und Bartschnitt, während Salome Ihre Augenbrauen frisch gezupft bekommt, versuchen der Kamera von einem Profi wieder Leben einzuhauchen oder setzen uns einfach in ein Kaffee/vor die bezaubernde Kirche am Plaza de Trinidad und beobachten das bunte Geschehen.

 

 

Doch auch diese Zeit geht schnell vorbei. Morgen Sonntag machen wir uns auf in Richtung Santa Marta oder Palenque - das wissen wir um 21 Uhr Ortszeit noch nicht so genau. 

 

21. und 22. Mai, Tage 70 und 71 - Taganga: Dieser Weg wird steinig und schwer

 

Wir entscheiden uns für Taganga - ein kleines Quartier ausserhalb der Stadt Santa Marta. Bis dahin müssen wir total viermal umsteigen, die Busse sind mal mehr (sehr stark) und mal weniger (kaum) klimatisiert. Bereits ziemlich entkräftet lässt uns der Fahrer am Strassenrand auf einem Hügel raus. Unsere Unterkunft soll sich hier befinden. Wir sehen erstmal nichts bis wir merken, dass wir den steinigen Hang hoch müssen. Die Dame vom Kiosk schaut besorgt und sagt „Casa Horizonte? Das ist weit: 150 Meter!“ Wir lächeln - was sind schon 150 Meter!? 

 

150 Meter können verdammt viel sein! Mit 15 Kilogramm auf dem Rücken, knapp sieben Stunden Reise in den Knochen und einer Körpertemperatur von gefühlt 190 Grad steigen wir im 45 Grad Winkel hoch. Aussentemperatur und Luftfeuchtigkeit? Nicht unter 30 und 90%… Völlig verschwitzt erreichen wir das Ziel und sofort sehen wir: Die Strapazen haben sich gelohnt. Die Aussicht vom Pool auf Meer und Sonnenuntergang ist atemberaubend, die Hängematten und Sofas im Aussenbereich sorgfältig und liebevoll platziert, die Besitzer überaus freundlich - ausserdem kostet das grosszügige Doppelzimmer gerade mal 17 Franken. Hier bleiben wir gerne zwei Nächte - auch weil Fabians Körper zwei mittelgute Tage einzieht. Dass Real Madrid spanischer Meister wurde, findet er wortwörtlich zum kotzen. Schade um das gute Essen vom ersten Abend in Taganga: Auch vom Babaganush ist die Aussicht grossartig und die Gerichte - Thaicurry und Seafood-Pasta ein Gaumenschmaus (der Koch hat neun Monate lang am Zürichberg für die nicht so armen gekocht).

23. bis 25. Mai, Tage 73 und 74 - Parque Nacional Tayrona: Long ways gone

 

Glücklicherweise dauern Fabians (Magen-)Kapriolen nicht länger, sodass wir am nächsten Morgen aufbrechen können. Weil wir nach Mittag den Parkeingang erreichen entscheiden wir uns, die erste Nacht in einem der naheliegenden Campingplätze zu verbringen. Das Camping Castilletes ist direkt am gleichnamigen Strand (wegen der starken Strömung nicht zum baden geeignet). Ansonsten ist er eher rustikal - gekocht wird beispielsweise auf offenem Feuer, das Brennholz dafür sammeln wir am Strand. In fast zwei Stunden bereiten wir nicht etwa ein Sonntagsmenü zu, sondern ganz einfach Reis mit Gemüse. Aber wir haben ja Zeit. Übrigens übernachten wir in einer Hängematte mit Blick aufs Meer (und ohrenbetäubendem Lärm von einem Generator wenige Meter hinter uns - bis ca. vier Uhr Morgens).

 

Um richtig in die Gänge zu kommen trinken wir Tags den Kaffee schwarz, obwohl er eigentlich nur mit ganz viel Zucker geniessbar wäre. Dann beginnt die Wanderung bis zum nächsten Campingplatz - beim berühmten Cabo San Juan. Der Weg dorthin ist knapp sieben Kilometer lang - wir sind froh können wir den Grossteil unseres Gepäckes in Castilletes lassen. 

Richtig brutal macht den Weg die gnadenlose Hitze unter der Sonne. Beispielsweise eine gute halbe Stunde kämpfen wir uns am Strand, und ohne Schatten vorwärts. Und die schattigen Abschnitte sind meistens geprägt von hohen Steinen, Treppen oder sonstige Hürden. So ist es schon wieder nach Mittag, bis wir leicht entkräftet Cabo San Juan erreichen. Dort gönnen wir uns nach Bezug unseres Zeltes erstmal ein paar Hüpfer ins stürmische, kühle Meer (baden nur auf eigenes Risiko erlaubt) und erholen uns  von der fast dreistündigen Wanderung. Aber nicht zu lange - es steht die nächste Herkulesaufgabe an: Der Weg nach Pueblito, einem ehemaligen Dorf der Ureinwohner, den „Tayronas“. Bis zum 16. Jahrhundert lebten mehr als 2000 Menschen dort. Nach einer der härtesten Wanderungen während unserer Reise (80% geht es mindestens im 45 Grad Winkel hoch) können wir uns das kaum vorstellen. Mehr als ein paar Hütten mit Strohdach ist hier nicht mehr - wir treffen auf eine einheimische Frau mit zwei Kindern, die unleckeres Wasser zu ambitionierten Preisen verkauft. Dann geht es zurück. Immerhin ist der Abstieg im Vergleich zum Hinweg fast wie Ferien. Während wir zuvor riesige, glitschige Felsen hochklettern mussten, können wir jetzt mehr oder weniger runterhüpfen/rutschen. 

 

Etwas weniger als zweieinhalb Stunden nach Losmarsch - rund 45 Minuten früher als angegeben - sind wir zurück in Cabo San Juan. Nun haben wir uns den hübschen Sonnenuntergang von einer erhöhten Plattform aus redlich verdient. Wie sich die Wolken orange verfärben und darunter die Wellen gegen runde Felsblöcke klatschen, umgeben von riesigen Palmen, ist ein wahres Schauspiel. Ein würdiger Abschluss unseres Tayrona-Besuches, denn am nächsten Morgen steht die Reise nach Palomino, einem kleinen Dorf etwas nördlicher, auf dem Programm. Immerhin fällt uns der Abschied nicht so schwer, denn die Strände im Nationalpark sind ziemlich überfüllt - das sind wir uns wegen San Blas nicht mehr gewohnt.

 

 

Um 7 Uhr stehen wir auf, denn es ist viel zu heiss im Zelt. Nach einem kleinen Frühstück (Toastbrot und Honig) mit Blick auf den noch leeren Strand packen wir den Rückweg an. Obwohl wir extra früh los sind ist es bereits sehr heiss. Zum Glück haben wir uns kurz vorher noch eine kalte Dusche gegönnt, denn so quillt wohl der Schweiss erst einige Minuten später aus unseren Poren. Der Weg ist im Vergleich zu unserem Trail am Vorabend ein Kinderspiel und doch geht es irgendwann in die Beine. Wir spüren wohl auch die Vortage.. Die letze Stunde müssen wir zudem mit unserem ganzen Gepäck zurücklegen. Sehr erschöpft steigen wir vor dem Park in den Bus nach Palomino. Eine Stunde später kommen wir an und machen uns auf die Suche nach einer Unterkunft in Strandnähe. Leider ist das ein weiteres Hindernis, da die Meisten überteuert sind. In der brühenden Hitze der Sonne, schweissnass werden wir auch von den Moskitos nicht verschont. Eine weitere Stunde später sind wir endlich in einer Unterkunft, können uns abduschen und am Pool etwas erholen.

 

26. Mai, Tag 75 - Palomino: Immer Flusswärts in Richtung Meer

 

Nach einem verhältnismässig gemütlichem Morgen (Handwäsche inklusive) und leckerem Frühstück (frische Fruchtsäfte, Empanadas und gefüllte Arepas) mieten wir im Dorf einen Gummiring und lassen uns von zwei Motorradfahrern mitten in den Wald fahren - die Fahrt alleine ist schon die fünf Franken pro Person Wert. Es gibt Leute, die für einen solchen Ritt, vergleichbar mit einer Achterbahnfahrt (nur ohne Gurt) fünfzig Franken Eintritt in einen Vergnügungspark bezahlen. Obwohl: Bei Salome werden spezielle Vorsichtsmassnahmen getroffen. Der Gummiring wird mal kurz ihr und dem Fahrer über den Kopf gestülpt, sodass sie aneinander festgemacht sind - dadurch kann sie bei der brutalen Steigung anschliessend nicht rückwärts vom Motorrad fallen. Fünfzehn Minuten halsbrecherische Fahrt später steigen wir ab und legen den restlichen Weg bis zum Fluss zu Fuss zurück. Von dort wollen wir uns bis ins Meer hinunter treiben lassen. Der Marsch ist (vor allem dank dem schweren Ring) überraschend anspruchsvoll, wird aber von einem Tayrona-Mädchen erfrischt. Wie alt sie ist? „Keine Ahnung, aber so ungefähr fünf.“ Wie alt wir sind? „Wieviel ist sechsundzwanzig und achtundzwanzig? Eins, zwei, drei, vier, ….. siebenundzwanzig, achtundzwanzig. Uuuuuh, soooo alt!“ Trotz unseres fortgeschrittenen Alters scheint die Kleine mit unaussprechbarem Namen Gefallen an uns zu finden - immer wieder wartet sie auf uns keuchende Touristen, obwohl Mama zu Hause auf Töchterchen und das von ihr vom Dorf mitgebrachte Brot mitten im Wald wartet. Am Fluss angekommen winkt sie uns auch aus der Ferne nochmals zu - und sieht wie wir davon treiben.

 

Der Weg ist erwartungsgemäss wunderschön, auch wenn ein paar Strömungen unser gesamtes Können als Seefahrer abverlangt und wir einige Büsche am Rand von ganz nah betrachten (und auch mal am Hinterkopf spüren) dürfen. Dennoch können wir die Fahrt geniessen und kommen unversehrt am Strand an. Auch hier ist der Anblick hinreissend: Grüne Bäume am Flussrand, Palmen am Sandstrand und der Fluss mündet direkt im stürmischen, welligen Meer. Wir verbringen den Nachmittag am Strand und trinken erneut frisch gepresste Fruchtsäfte - besonders der Zapote-Shake (eine art Papaya) ist höchst interessant. Zum Abendessen gibt es im sympathischen Sua-Restaurant einen saftigen Burger und eine der weltbesten Lasagnen - dazu (endlich mal wieder!) himmlisches, hausgebackenes Brot und die berühmte Kokos-Limonade. Ein Getränk für die Götter. So schliessen wir unser siebenjähriges Jubiläum feierlich ab.

 

27. bis 29. Mai, Tage 76 bis 78 - Cabo de la Vela und Punta Gallinas: Der Kreis schliesst sich

 

Heute klingelt der Wecker mal wieder etwas früher, eine grosse Reise steht an. Wir wollen nach Punta Gallinas, dem nördlichsten Punkt von Südamerika. Vor der Reise warnt nicht nur der Lonely Planet (boneshaking, not for everybody), sondern auch der Hostelbesitzer Juan Carlos in Palomino. Sieben Reisestunden stehen uns bevor, davon vier auf Strassen, die jeder bolivianische Cocabauer in den Anden als unzumutbar bezeichnen würde. Wir wagen das Abenteuer trotzdem - und sollten das nicht bereuen.

 

Zuerst ist aber mal wieder Geduld angesagt. Wir erreichen die „Ortschaft“ Cuatro Vias (eine Strasse mit zwei, drei Häusern und ein paar Verpflegungsständen), wo uns schon gierige Fahrer ihre Dienste nach Punta Gallinas anpreisen. Nach zähen Verhandlungen willigen wir ein, im Schatten auf zwei weitere Fahrgäste zu warten. Dort sitzt bereits der Franzose Jeff (eigentlich Jean-François) - seit anderthalb Stunden, wie wir später erfahren sollen. Dazu gesellt sich die Australierin Rebecca. Während Jeff einem der Kolumbianer Französisch beibringt machen wir uns etwas Sorgen wegen unserem Bargeldbestand. Der Busfahrer hätte uns ein paar Dörfer vorher an einem Bancomaten kurz rauslassen sollen, er fuhr jedoch grosszügig weiter und meinte anschliessend, in Uribia, wo wir sowieso hinmüssen, habe es gleich vier Stück.

 

Kurz nach Mittag, also etwas mehr als eine Stunde nach unserer Ankunft in Cuatro Vias, kommen die Stuttgarterin Sina, die Dänin Nina und die Holländerin Gwen dazu und wir können losfahren. Extra für unser Portemonnaie machen wir Halt in Uribia - leider erfolglos. Die Automaten sind defekt und können nicht repariert werden, da dieses Wochenende im Dorf Feiertag ist. Seis drum, wir vereinbaren mit dem Fahrer auf der Rückfahrt alles abzurechnen und fahren weiter in Richtung erstem Stop, Cabo de la Vela. 

 

Ziemlich schnell merken wir, dass weder Juan Carlos noch Lonely Planet übertrieben haben: Wir werden auf den Bänken hinten im Pick-up ordentlich durchgeschüttelt - dass direkt neben unseren Köpfen und hinter dem Rücken Eisenstangen befestigt sind, ist für Schädel und Wirbelsäule sicher nicht nur förderlich. Aber die Landschaft bereits auf dem Weg entschädigt uns. Da ist erstmal viel trockene Erde, wie durch wundersame Weise dennoch übersät mit Bäumen und immer wieder lassen sich kleinere Hütten blicken, wo Einheimische am Strassenrand versuchen mit dem Verkauf von Wasser, Benzin, Früchten oder selbstgemachten Armbänder und Taschen versuchen zu ein bisschen Geld zu kommen. Je weiter wir fahren und je mehr Schläge wir an Rücken und Hinterkopf kassieren, desto beeindruckender wird die Landschaft. Und in Cabo de la Vela, einem Dorf von dem wir nichts erwartet haben, sind wir zutiefst beeindruckt. Das Dorf erinnert an Wild-West-Filme, mit dem feinen Unterschied, dass es direkt am Strand ist und es im Hintergrund von Kitesurfern nur so wimmelt. Der Wassersport ist neben dem Besuch des Leuchtturms bei Sonnenuntergang jedoch auch die einzige wirkliche Attraktion des Dorfes, abgesehen von seinem Dasein an sich. Weil wir aber besonders schlau sind gehen wir (mit Jeff und Rebecca) nicht zum Leuchtturm, der sowieso von Touris überfüllt ist, sondern schauen den Sonnenuntergang von einem naheliegenden Hügel. Unserer Neugier die Umgebung zu erkunden ist geschuldet, dass wir in finsterer Dunkelheit eine Stunde zurück ins Dorf marschieren müssen - immerhin sehen wir ein paar scheue Wüstenfüchse. Anschliessend übernachten wir in Hängematten drei Meter vom Meer entfernt. Auf eine Dusche müssen wir im Übrigen verzichten, weil die Besitzer einer naheliegenden Mine dem Dorf das Wasser abgedreht haben.

 

Nach einer kurzen Nacht (um fünf Uhr müssen wir auf) geht das Abenteuer erst so richtig los. Mit einem 4x4 donnern wir durch die Wüste und Strassen, auf die sich sonst kein (nüchterner) Mensch traut. Mal sind es Schlaglöcher und mal Untergrund, der wohl für vieles gedacht sein könnte, aber sicher nicht dafür, dass vier Räder drüber fahren. Immerhin sitzen wir jetzt auf Stoffsesseln und Metallstangen sind auch keine in Kopfnähe. Dafür: Eine Umgebung, die einem die Spucke weg lässt. Für zusätzliche Unterhaltung sorgt ein älterer Herr, der eigens mit einer Schnur eine Strassensperre errichtet hat und die Fahrzeuge nur gegen eine Gebühr von 1000 Pesos (umgerechnet knapp 35 Rappen) durchfahren lässt. Auch später passieren wir immer wieder Strassensperren. Dieses Mal aber meist von Kindern bewacht und immer kostenfrei. Erst auf der Rückreise merken wir, dass die Hinternisse eine Art von Betteln ist. Denn in der Wüste des Bezirks La Guajira stirbt im Schnitt alle vier Tage ein Kind an Unterernährung - leider haben wir das nicht vorher gewusst, ansonsten hätten wir Kekse, Wasser oder Früchte mitgebracht und aus dem Fenster geworfen.

 

Zwei Stunden dauert der wilde Ritt, nach Ankunft vergessen wir die Strapazen von Unterwegs aber sofort. Von unserer Unterkunft, die Hospedaje Alexandra erreichen wir nach einer kurzen Bootsfahrt, haben wir besten Blick auf die Wüste, das wechselweise türkis-, hell- und dunkelblaue Meer, den grünlichen Fluss und die saftigen Mangroven. Wir geniessen den Blick, beziehen unsere Hängematten und machen uns dann auf zu einer unvergesslichen Tour durch Punta Gallinas.

 

Die drei Stops sind sorgfältig ausgewählt - denn sie schaffen es immer wieder, sich gegenseitig zu toppen. Zuerst halten wir beim Leuchtturm von Punta Gallinas, dem nördlichsten Punkt Südamerikas. Damit schliesst sich für uns der Kreis - denn vor fünf Jahren waren wir ja bereits beim Leuchtturm von Ushuaia, dem südlichsten Punkt des Kontinents. Blickfang ist aber nicht der Turm, sondern die zahlreichen Steinmännchen am Meeresufer und das farbige Wasser. Danach fahren wir weiter zum Mirador und geniessen das spektakuläre Farbenspiel von Wüste und Meer. Und zum Schluss folgt das Beste.

 

Im Lonely Planet steht, dass die Landschaft um Punta Gallinas „zu den Spektakulärsten Südamerikas“ gehören. Insbesondere die Sanddünen. Und der Reiseführer sollte Recht behalten. Bei den Dünen der Playa Taroa angekommen scheinen die Sandhügel bis in den Himmel zu reichen. Ein kurzer Marsch hoch lässt einem aber fast das Blut in den Adern einfrieren, trotz der brütenden Hitze. Da ist der hellgelbe, samtweiche Wüstensand. Da ist das Meer, mit seinen vier bis fünf verschiedenen Farben. Da ist die Sonne, die sich im stürmischen Wasser spiegelt. Da ist der perfekt blaue Himmel, verziert von ein paar wenigen, blütenweissen Wolken. Da sind in weiter Ferne die Mangroven, die eigentlich überhaupt nicht hier hin passen und genau deshalb einen wunderbaren zu einem magischen Ort werden lassen. Am liebsten würde man den Moment ewig festhalten, wenn da nicht das nächste Highlight warten würde: Vom obersten Punkt der Düne kann man den steilen Hang herunterrutschen, bis man im kühlen Meer landet. Einzigartig! Wir rennen die Dünen runter, knipsen uns die Finger wund, geniessen Ausblick und den Moment und kehren dann anderthalb Stunden später schweren Herzens um und fahren zurück zur Hospedaje Alexandra. 

 

Am frühen Abend, nach Genuss der leckeren Babyziege zum Mittagessen (ja, wir sind grausam) steht die nächste Tour an. Mit dem Boot besichtigen wir eine Flamingogruppe, eine Insel mit grossartiger Aussicht und unzähligen Kakteen und schauen zum Schluss den Sonnenuntergang vom Strand aus.

 

„Haha, der war gut“

 

Alles Schöne hat mal ein Ende. Auf brutale Weise müssen wir das am nächsten Morgen erfahren. Wir planten zu Beginn eigentlich eine Nacht anzuhängen, mussten dann aber mit der Gruppe zusammen zurück. Da es aber bereits touristischer ist als wir dachten, man eigentlich alles mit einer Tour machen muss und wir alles gesehen haben was wir wollten und die Hitze doch ganz schön zusetzt ist es für uns dann okay. Um acht Uhr werden wir mit dem Boot von der Insel unserer Unterkunft weggebracht, wo bereits unser Fahrer wartet. Um Zeit zu sparen bitten wir ihn, uns direkt nach Uribia statt Cabo de la Vela zu fahren - dort könnten wir vergünstigt mit einer Touristengruppe weiter nach Santa Marta (knapp sieben Stunden von Uribia weg) mitreisen. Wie in Kolumbien üblich platzieren wir unser Anliegen viermal, damit es auch wirklich ankommt. Weil wir alle das selbe Zwischenziel haben, zwängen wir uns zu siebt in den Wagen, der eigentlich für sechs Passagiere (exklusive Fahrer) gedacht ist. Kaum losgefahren sagt der Fahrer trocken: „Nächster Halt: Cabo de la Vela“. Wir schauen ihn entsetzt an, bis er losgrinst. Kollektives Gelächter: „Haha, der war gut.“ Wir naive Narren.

 

Es folgen weitere zwei Stunden Need for Speed, bis wir an der Verzweigung landen. Links geht es nach Uribia, rechts nach Cabo de la Vela. Der Fahrer hält kurz, nimmt sein Handy in die Hand, unternimmt einen ziemlich kläglichen Anrufversuch (er hat das Mobiltelefon keine zwei Sekunden am Ohr) und biegt rechts ab. „Hier geht’s aber nicht nach Uribia lang.“ Der Fahrer schüttelt den Kopf und zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Wieso der Planwechsel? „Anweisung des Chefs. Aber keine Angst, es wartet dort bereits ein Wagen, der euch direkt nach Uribia bringt“ 20 Minuten später steigen wir genervt aus dem Auto aus und sehen natürlich erstmal kein Anschlussfahrzeug. Der Fahrer verdrückt sich vornehm, während wir mit dem Chef diskutieren - der natürlich nichts von unserer Planänderung gewusst haben soll. 

 

Nach kurzen, teils hitzigen Diskussionen einigen wir uns, dass der Chef uns persönlich nach Uribia bringt und zwar alle gratis. Es soll aber nicht unser letzter Aufenthalt in Cabo gewesen sein - zum Glück für Fabian’s Schuhe. 10 Minuten Fahrt später macht der Herr Chef den U-Turn mit der Begründung, mit diesem Reifen kann ich euch nicht fahren, sonst geht er noch in Flammen auf. Somit geht der Wagen zur Reparatur und wir besorgen uns einmal Proviant, denn wer weiss wie lange die Fahrt noch dauern soll… Ca. 30 min später geht es aber tatsächlich wieder los - zum dritten und letzten mal inklusive Fabian’s Schuhen. Dass er sie dort vergessen hatte, haben wir übrigens erst nach Rückkehr bemerkt.

 

Endlich in Uribia angekommen, wird es für uns Zeit für die Tour zu bezahlen. Leider sind alle Bancomate noch immer nicht in Betrieb. Dass an diesem Montag in Uribia Festival ist konnten die Einheimischen natürlich nicht wissen. Zudem scheint der Wagen, welchem wir wohl die letzte Ehre erwiesen haben, wieder reparaturbedürftig. Chefe hält bei einer Garage und beschliesst, das der Mechaniker höchstpersönlich den Wagen mit uns zum nächsten Bancomaten (ein Dorf weiter, ca. 20 km entfernt) fahren soll, falls es Probleme geben soll. Wen wundert’s, auch dort sind die Geldspucker ausser Betrieb. Die nette Sina merkt dann, dass sie genügend Geld hat, um uns auszuhelfen. Somit werden wir dieses Gefährt endlich los und steigen in den nächsten Bus nach Riohacha. Dort angekommen lösen sich endlich unsere Geldsorgen. Auch unsere knurrenden Magen werden endlich wieder einmal gestillt. 

 

Wir wischen uns den Dreck aus den Gesichtern (bei der Fahrt ist fliegender Dreck durch die Fenster das kleinere Übel als diese ohne Klimaanlage zu schliessen), den Staub von der Brille und aus der Nase und besteigen einen komfortablen Bus der Nina, Sina, Gwen und Jeff nach Palomino und uns restlichen Drei nach Santa Marta bringt. Rebecca bleibt dort über Nacht und gönnt sich eine lang ersehnte Dusche, während diese uns noch etwas warten lässt, da wir den Nachtbus mit Ziel Barichara besteigen. 

 

Wir überlegen es uns lange, denken dann aber es ist das kleinere Übel - wir sind sowieso total müde - als noch eine Nacht in Santa Marta (was nichts zu biete hat) oder Palomino (was wir ja bereits gesehen haben) zu bleiben und dann den ganzen nächsten Tag wieder im Bus verbringen müssen.

 

30. und 31. Mai, Tage 79 und 80 - Barichara: Das Trinidad von Kolumbien

 

Morgens um halb sechs Uhr erreichen wir Bucaramanga. Die Nacht verbrachten wir eigentlich ganz okay. Den Komfort im Bus sind wir uns schon gar nicht mehr gewohnt.

 

Unser Ziel ist aber noch 2 Busse entfernt. So besteigen wir zuerst den Bus nach San Gil und von dort noch für 40 Minuten einen anderen nach Barichara.

 

Wir sind schon ziemlich auf der Fresse als wir ziemlich genau 24h Reise später an unserem Ziel ankommen. Doch das Kolonialstädtchen gefällt uns sehr uns lässt uns zurück denken an das tolle Trinidad auf Kuba. Im schönen Hostel Tinto erfahren wir, dass am Dienstag im Dorf so zu sagen Sonntag ist und fast alles geschlossen hat. Das kommt uns gerade recht, denn wir haben nur geplant am Pool zu liegen und alle Viere von uns zu strecken. Nach der lang ersehnten Dusche, welche sogar Warmwasser hat (keine Ahnung wann wir das zum letzten mal hatten) sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.

 

Am Mittag spazieren wir ins empfohlene Restaurant, wo wir uns ein einheimisches Menu (Fleisch, Reis, Salat, Kartoffel) mit Gemüsesuppe gönnen und uns anschliessend wieder mit Nahrungsmitteln fürs Nacht- und Morgenessen eindecken. 

 

Früh gehts ab in die Federn, welche nach langem (3 Nächte können sich lange anfühlen) tatsächlich wieder einmal aus einem Bett bestehen.

 

Am nächsten Morgen stärken wir uns mit schöner Aussicht auf das Dörfchen. Später machen wir uns auf die empfohlene Wanderung nach Guane. Es ist ein toller Weg mit schöner, farbiger Natur und wunderbarer Aussicht. 1.5 h Später erreichen wir Guane. Wir schlendern durch die Strassen und probieren das hässliche Getränk Chicha (Einst Lieblingsgetränk der Ureinwohner) und leckeres Sabajon (Likör mit Schafsmilch - Baileysähnlich). Zurück geht es mit dem Bus. Angekommen spatzieren wir durch die hübschen Gassen und besuchen die ältesten Häuser. Am Abend ist chillen im Hostel angesagt.

 

1. Juni und 2. Juni, Tage 80 und 81- Bogota: Der 12 Millionen Kühlschrank

 

Am nächsten Morgen besteigen wir den Bus zurück nach San Gil. Dort wechseln wir in einen direkten nach Bogota. Wir geniessen die schöne Landschaft und dösen etwas vor uns hin.

 

8 Stunden später erreichen wir eingefroren im klimatisierten Bus Bogota. Der Anblick der Leute draussen in Winterjacken lässt uns böses erahnen. Tatsächlich ist es nur ca. 15 Grad warm als wir bogotaischen Boden betreten. Nicht umsonst wir die auf 2800 m.ü.M. liegende Hauptstadt von den Kolumbianern nur „La Nevera“, also der Kühlschrank genannt.

 

Wir durchqueren die Stadt und machen uns auf die Suche unseres AirBnB. Dieses hat eine top Lage. So finden sich die meisten Sehenswürdigkeiten in Fussdistanz. Wir machen noch einen Abendspaziergang zur Plaza de Bolivar, durch die Fussgängerzone und gönnen uns noch ein einheimisches, frisch gebrautes Bier bei der Bogota Bier Company (für die Dame mit Waldbeerensaft). 

 

Früh stehen wir auf, begeben uns auf über 3’000 m.ü.M und geniessen die Aussicht vom Hausberg  Cerro Montserrate. Anschliessend steht der Mercado Paloquemao auf dem Zettel. Dafür müssen wir gefühlt bis ans andere Ende der Stadt und passieren dabei nicht nur die besten Viertel Bogotas. Beim Markt angekommen werden wir mit bunten Farben, wildem treiben, frischen Produkten und guten Angeboten belohnt. Das nutzen wir uns Kaufen Früchte (1/2 Pfund zuckersüsse und knallrote Erdbeeren für nicht einmal einen Franken), Gemüse, Brot und Nüsse ein. Von dort aus gehts mit dem Local Bus zurück ins Zentrum. Wir besuchen das hoch angepriesene Goldmuseum, was uns leider nicht vom Hocker haut. Die dreistündige Free Walking Tour durch das Viertel La Candelaria im Anschluss lohnt sich total. Wir erfahren sehr viel über die Stadt und lernen schöne Ecken kennen. Unter anderem erfahren wir, dass eine hässliche Wandbemalung von Justin Bieber der Auslöser für die heutigen kunstvoll besprayten Graffitiwände war, welche der einst so grauen Stadt nun viel Farbe verleihen. Ausserdem erzählt uns Guide Laura, dass nach Simon Bolivars gewonnenem Unabhängigkeitskrieg die Länder Ecuador, Venezuela und Panama zu Grosskolumbien gehört haben. Deshalb haben Ecuador und Venezuela nahezu die gleiche Flagge. Weil Bogota aber so hoch oben in den Bergen und deshalb schwer zu erreichen war entschlossen sich die Leute in Caracas und Quito kurzerhand eigene Länder zu gründen. Auch dank dieser Tour sind wir von Kolumbiens Hauptstadt positiv überrascht - von anderen Reisenden haben wir im Vorfeld kaum etwas Gutes gehört.

 

Zum Nachtessen probieren wir die empfohlene Spezialität Ajiaco, eine Suppe aus drei verschiedenen Kartoffelsorten, Mais, Hühnchen, Reis und etwas Rahm. Grossartig!

 

Um 22.45 Uhr besteigen wir den Nachtbus, welcher uns in 10 h kurviger Fahrt nach Medellin bringt.

 

3. bis 7. Juni, Tage 83 bis 87 - Medellin: Aussicht, Slums und eine versunkene Stadt

 

Etwas müde wischen wir uns den Schlaf von den Augen. Kaum aus dem Bus ausgestiegen gilt es sich wieder neu zurecht zu finden und das mit Sack und Pack. Zum Glück hat Medellin, als einzige Stadt in Kolumbien, eine U-Bahn. Mit der kommen wir recht schnell ans Ziel und beziehen unser AirBnB-Appartement.

 

Bald darauf machen wir uns auf ins Zentrum. Wir besuchen den Botero Park mit seinen berühmten Bronzeskulpturen, schlendern durch das historische Zentrum und besorgen uns Tickets für das Viertelfinal-Rückspiel der kolumbianischen Meisterschaft. Eindrücklich sind die Überreste der Statue einer Friedenstaube, die 1995 bei einem Bombenanschlag fast komplett zerstört wurde.

In Poblado gönnen wir uns einen Milkshake und schauen den Champions League Final.

 

Am Abend steht das Spiel Nacional Medellin (der Titelverteidiger) gegen Jaguares an. Die Stimmung ist unglaublich, Nacionals Fankurve hüpft und singt das ganze Spiel über. Zum Glück gewinnt das Heimteam nach einer spannenden zweiten Halbzeit 3:2.

 

Tags darauf treffen wir unsere deutschen Freunde, Nadia, Tobias und Matze. Zusammen gehen wir zum Parque Arvi. Wahnsinn wie nahe diese grüne Erholungszone von der Millionenstadt ist. Man fühlt sich wie in einem Nationalpark. Von der Mittelstation hat man tolle Aussicht über das Armenviertel und die Stadt im Hintergrund.

 

Später machen wir uns auf zur Comuna 13. Das ist ein weiteres Armenviertel welches sich zur Sehenswürdigkeit aufgemausert hat. Dort gibt es die längste Rolltreppe der Welt, sehr viel Streetart, einige Farbige Häuser und atemberaubende Aussicht. Einige Leute engagieren sich zudem sozial und ermöglichen den Leuten dank Musik und Tanz eine bessere Zukunft. Wir leisten einen kleinen Teil dazu und verteilen den Kindern Spielsachen.

 

Zum Abschluss chillen wir zusammen im Hostel der Deutschen und kochen zusammen das Nachtessen.

 

Der darauf folgende Tag sollte eigentlich im Zeichen der Gemütlichkeit stehen. Allerdings erfahren wir nach dem Frühstück, dass das zum Wohnkomplex gehörende Schwimmbad Montags immer geschlossen ist - Wartungsarbeiten. Somit fällt der Pooltag ins Wasser. Dennoch starten wir gemütlich in den Tag, bis wir das naheliegende Pueblito Paisa besuchen. Es ist ein wunderschönes „Dorf“ (rund 10 Häuser) auf einem Hügel mitten in Medellin. Vom dazugehörenden Aussichtspunkt haben wir einen perfekten Blick über die ganze Stadt. Der Abend beginnt, es wird dunkel - mit den Lichtern in den Häusern Medellins wird die Aussicht noch schöner. Der rosarot verfärbte Himmel macht das Ambiente endgültig perfekt. Anschliessend fahren wir nach El Poblado, essen dort im uns empfohlenen Restaurant Zorba hervorragende vegetarische Pizzen und schlendern durchs Viertel.

 

Unseren letzten ganzen Tag in Medellin verbringen wir nicht in Medellin. Es steht Guatapé auf dem Programm. Dort gibt es einen künstlichen See, auf dessen Arme und kleinen Inseln wir von der Piedra del Peñol, einem 659 Stufen hohem Stein, einen überragenden Ausblick geniessen. Über die Herkunft des Hinkelstein ähnlichen Felsens ranken sich mehrere Gerüchte: Die einen sagen, er sei ein abgestürzter Meteorit, andere wiederum sind davon überzeugt, dass es sich um einen Vulkanstein handelt, der bei einem Ausbruch in der Region landete. Alle sind sich jedoch einig, dass ein Grossteil des Steins unter der Erde liegt. 

 

Von der Piedra geht es mit einem Motorradtaxi ins hübsche Dorf Guatapé. Wir bestaunen die sorgfältig bemalten Hauswände, schlendern durch die malerischen Gassen und fahren mit einem Motorboot über den See, vorbei an Fincas von Fussballstar James Rodriguez oder kolumbianischen Schauspielerinnen - und sehen das von den „Pepes“ niedergebrannte frühere Anwesen von Drogenbaron Pablo Escobar. Was wir erst nach einer Weile erfahren: währenddessen schipperten wir über einer ehemaligen Stadt. Denn der See wurde 1970 künstlich hergestellt um eine neue, sehr mächtige Energiequelle zu schaffen. Heute wird über 75 Prozent von ganz Kolumbien mit Strom aus den unterirdischen Turbinen des Lago de Guatapé hergestellt - dazu wird nach Ecuador, Peru, Panama und Venezuela exportiert. Der Haken an der Sache: Für das ambitionierte Projekt wurde eine Stadt mit mehr als 12’000 Einwohnern komplett ausradiert. Die Bewohner konnten neben ihren Habseligkeiten von ihren Häusern nur noch Türen und Fenster mitnehmen. Eingebaut wurden sie anschliessend in Pueblito Paisa, das nur aus Türen und Fenster aus der gefluteten Stadt besteht. Mit der Rückreise nach Medellin geht unsere Zeit in der Grosstadt dem Ende entgegen. Denn am nächsten Tag steht die Reise ins Eje Cafetero, also dem Kaffeedreieck, an.

 

8. bis 10. Juni, Tage 88 bis 90 - Salento: Kaffeepause

 

Rund sieben Stunden dauert die Fahrt im kleinen Mercedes Benz Sprinter, bis wir Salento erreichen. Weil wir am Morgen beschlossen haben auszuschlafen, treffen wir erst am Abend in der Posada Aguanile auf einer Finca etwas ausserhalb des Dorfes ein. 

 

Bei herrlicher Aussicht aber leider etwas bewölktem Himmel geniessen wir das tolle Frühstück, bevor wir uns auf ins Dorfzentrum machen. Was am ersten Tag in der Kaffeeregion ansteht? Klar, eine Kaffeetour. Zuerst besteigen wir jedoch den höchsten Punkt Salentos, um das Dorf und die herumliegenden Kaffeefincas aus der Vogelperspektive zu betrachten. Danach machen wir uns auf zum 45-minütigen Marsch zur Finca El Ocaso. Dort lernen wir alles über die Produktion des braunen Goldes und dürfen die Beeren, in denen die Bohnen versteckt sind, auch selber pflücken. Darin verstecken sich ein bis drei Bohnen - je weniger desto süsser. Übrigens bezahlt El Ocaso seinen Arbeitern 500 Pesos (knapp 17 Rappen) das Kilo. Im Durchschnitt sammelt ein Arbeiter 150 bis 200 Kilo pro Tag. Der krönende Abschluss ist die Degustation des hauseigenen Kaffees, natürlich schwarz - ein wahrer Gaumenschmaus. Kein Wunder ist Kolumbien hinter Brasilien und Vietnam das drittgrösste Exportland für Kaffee weltweit (auch hier schliesst sich für uns ein Kreis).

 

Wofür Salento ausser dem Kaffee bekannt ist? Durch seine Nähe zum Cocora Tal. Das berühmte und beliebte Wandergebiet verzaubert die Reisenden insbesondere dank seinen überhohen Palmen. Natürlich lassen wir uns das nicht entgehen und lassen uns mit einem Willy (4x4 Fahrzeug) zum Ausgangspunkt bringen. Die Fahrt ist bereits ein Abenteuer, als letzte dazu gestossene bleiben uns nur noch die Stehplätze hinten auf dem Trittbrett, ausserhalb des vollbepackten Gefährts. Der Fahrtwind ist sehr angenehm, nach 30 Minuten wird das Festklammern jedoch etwas anstrengend.

 

Nicht minder anstrengend ist der Aufstieg bis zur Finca La Montaña, von wo aus wir die hohen Palmen und die spektakuläre Natur überblicken. Rund vier Stunden brauchen wir für den Rundgang durchs Tal, beim Abstieg durch den matschigen Dschungel mit seinen zahlreichen Hängebrücken fühlen wir uns ein bisschen wie in einem Indiana-Jones-Film. Zurück im Dorf trinken wir bei Jesus Martin den möglicherweise weltbesten Kaffee (auch der Guide bei Ocaso hält ihn für den Besten - aber niemandem weitersagen!) bevor wir im etwas versteckten aber hervorragenden Restaurant Etnia für 3 Franken pro Person ein köstliches Nachtessen mit Suppe, Poulet oder Forelle, Salat, Reis, Yucca, Patacones, Saft und Dessert verschlingen. Das Essen ist so gut, dass wir die Forelle beide lecker finden. Ja, BEIDE!

 

Bevor am darauffolgenden Abend die Fahrt nach San Augustin - unserem letzten Halt in Kolumbien - ansteht, gilt es noch etwas Zeit tot zu schlagen. Schliesslich fährt der Nachtbus ab Armenia erst um 22 Uhr. So entscheiden wir uns für einen Tagestrip nach Filandia, einem naheliegendem Dorf. Es hat ein hübsches Zentrum, das sehr ähnlich ist wie Salento - nur authentischer. Das heisst weniger Touristen, dafür mehr Cowboyhüte tummeln sich um die Plaza principal. Wir trinken einheimischen Kaffee (grossartig) und essen Tiramisu, gemacht aus einheimischem Kaffee (mindestens ebenso grossartig), schlendern durch die Gassen und machen uns am späten Nachmittag auf den Rückweg. Dabei bricht uns beinahe das Herz. Nicht, weil wir Filandia nie mehr verlassen wollten, sondern weil „Fido“ (unser zugelaufene vierbeinige Begleiter), der uns über den kompletten Besuch im Dorf gefolgt ist. Sogar im Supermarkt half er uns bei der Auswahl der passenden Pastasauce. Weniger Spass am Hündchen hat der Busfahrer, der uns anweist, den süssen Streuner vor die Tür zu setzen. Wir müssen mehrmals aussteigen (Fido folgt uns), bis einige Einheimische ihn zurückhalten und davon abhalten können, wieder den Bus zu besteigen.

 

 

Vielleicht ist es Karma? Auf jeden Fall erreichen wir um 21 Uhr den Busbahnhof von Armenia, von wo aus wir nach San Augustin fahren sollen. Dumm nur, dass alle Busse in die Richtung ausverkauft sind - offenbar gibt es auf halber Strecke ein grosses Fest. Dazu kommt, dass viele Kolumbianer soeben ihr Studium abgeschlossen haben und Ferien geniessen. Also bleiben wir noch eine Nacht im uncharmanten Armenia. Immerhin finden wir direkt neben dem Busbahnhof im (Stunden?-)Hotel eine günstige Bleibe. Ein Doppelzimmer kostet weniger als acht Franken die Nacht.

 

 

11. bis 15. Juni, Tage 91 bis 95 - San Augustin: In einem Land vor unserer Zeit

 

Unseren Aufenthalt in Armenia verbringen wir grösstenteils im Hotel, bis wir am Abend den Nachtbus besteigen und nach San Augustin fahren können. Total rund zwölf Stunden später erreichen wir das kleine Dorf. Bereits am überschaulichen Dorfplatz ist zu erkennen, weshalb viele Touristen in den lauschigen Ort im Süden des Landes strömen: Mehrere Statuen aus Lavastein zieren den Platz. Überall rund um San Augustin sind die handgemachten Skulpturen zu sehen, der Grossteil von ihnen ist aber im archäologischen Park, knapp fünf Kilometer ausserhalb des Dorfes, zu sehen. Um die geheimnisvollen Statuen gibt es viele Spekulationen. So ist ihr genaues Alter noch unklar - die Forscher gehen davon aus, dass die Skulpturen zwischen 1 und 900 nach Christus gebastelt worden sind. Beeindruckend, wie gut sie (mehr als?) zweitausend Jahre später noch erhalten sind, obwohl sie mit den einfachsten Werkzeugen hergestellt wurden.

 

In den drei Tagen besichtigen wir das Dorf, wandern stundenlang drum herum (beispielsweise zum Aussichtspunkt La Chaquira oder zu den farbigen Skulpturen im Purutal, auf dem Hügel La Pelota), besuchen den berühmten Park oder geniessen einfach das sensationelle Casa de Nelly. Das sorgfältig eingerichtete Hostel mit seinem grossen, mit Hängematten und Schaukelbetten bestückten Garten und dem kuscheligen Kamin, ist der perfekte Rückzugsort nach den langen Wanderungen. Denn Abends wird es ganz schön kühl.

 

Für den darauffolgenden Freitag buchen wir eine Amazonastour - unsere erste Station in Ecuador. Deshalb reisen wir am Donnerstagmittag von San Augustin ab und machen uns auf in Richtung Grenze. Unterwegs kommen wir leicht ins Schwitzen - nicht nur ob der (ungewöhnlichen) Hitze im Auto. Demonstranten sperren die Strasse und wir warten über eine halbe Stunde, bis der Pöbel den Weg zur Durchfahrt freigibt. So erreichen wir den Bus - den wir im Voraus schon reserviert hatten - nur ganz knapp. 

 

Acht Stunden dauert die Busfahrt, sodass wir um 20 Uhr in La Hormiga eintreffen. Dort beziehen wir ein überraschend sauberes acht-Franken-Hotel, essen für 1,60 Franken ein Dinner-Menü und schlafen letztmals auf kolumbianischen Boden.

 

Fazit Kolumbien:

 

Laura, die Führerin der Free Walking Tour in Bogota hat recht: Kolumbien hat einiges mehr zu bieten als seine blutige Vergangenheit zu Zeiten Pablo Escobars. Zwar sind Drogen und Gewalt (vor allem durch die Paramilitärs und der FARC) nach wie vor präsent, für Touristen vor allem durch das überdurchschnittlich grosse Militäraufkommen überall zu sehen, jedoch verdient das Negative höchstens eine Randnotiz - dieses Vorurteil zu erwähnen kränkt die Kolumbianer übrigens unnötig. Die Vielseitigkeit von spektakulärer Natur (insbesondere Punta Gallinas), den schönen Stränden, den kolonialen und vorkolonialen Dörfern und Städten, Bergen, Dschungel und Wüste macht Kolumbien zurecht zum Lieblingsland vieler Reisenden. Dazu kommt die ausgeprägte Freundlichkeit der Kolumbianer, der ausgezeichnete Kaffee im „Eje Cafetero“ und die grösstenteils überraschend saubere Strassen. Sogar Recycling ist öfters ein Thema, als wir uns das vorgestellt hätten. In Barichara mussten wir im Supermarkt für Plastiksäcke sogar bezahlen. Dennoch ist das Abfallproblem noch nicht restlos gelöst - nach wie vor fliegen regelmässig Plastiktüten oder Getränkeflaschen aus Auto- oder Busfenster. 

 

Weniger überrascht waren wir beim Thema Essen. Auch hier gehören Reis und Bohnen nahezu in jedes Hauptgericht, die für Bogota typische Suppe Ajiaco ist allerdings etwas vom Besten, was wir auf unserer Reise essen durften. Ausserdem sorgen viele ausländische Restaurants für willkommene Abwechslung. Das Fast-Food-Angebot beinhaltet vor allem Empanadas, Deditos (mit Käse gefüllte Teigstangen) und Arepas (eine Art gebackenes oder frittiertes Maisbrot, meist gefüllt). Bei mehr als 40 verschiedenen Arepa-Sorten findet sich bestimmt für jeden Geschmack eine passende Auswahl.

 

Obwohl wir immer mal wieder von Einheimischen vor möglichen Überfällen gewarnt wurden, haben wir uns zu jedem Zeitpunkt sicher gefühlt. Ohnehin lohnt es sich nicht immer auf die Kolumbianer zu hören, insbesondere bei den Wegbeschreibungen. Es kann durchaus vorkommen, dass man innert fünf Minuten von vier verschiedenen Personen einmal Richtung Osten, Süden, Norden und Westen geschickt wird. Der verlässlichste Wegweiser war die App maps.me (neue Technologien sei Dank).

 

Preise (pro Person):

 

Bett in einem Hosteldorm 6 - 14 Fr.

Doppelzimmer in einem Hostel: 15 - 30 Fr.

Frühstück: 1,5 - 3 Franken

Lunch- Dinnermenü: 1,6 - 4 Franken

1L Wasser: 0.70 - 1,5 Fr.

Pizza in einem Mittelklasse-Restaurant: 6 - 10 Fr.

Bier: 0,5 - 2 Fr.

Cocktails: 2 - 4 Fr.

Ubertaxis: 10 Minuten ca 1,5 Fr.

Langstreckenbus: 3 Stunden ca. 4,5 Fr.

 

Innerortsbus: 0,7 Fr.

Ecuador:

 

16. bis 19. Juni, Tage 96 bis 98 - Amazonas: Wild, wild east

 

Um 7 Uhr klingelt der Wecker. ECUADOOOOOOR (Lied 9, CD 1 der Bravo Hits 98) wartet. Wir passieren die Grenze nach Ecuador in 1h 30 min mittels 3 verschiedenen Fahrzeugen und kommen auf den letzten Drücker am abgemachten Treffpunkt an. Da der Bus klischeemässig Verspätung hat könne wir sogar noch Bancomattour machen, bis wir endlich genügend Doller haben.

 

Nach 2h Busfahrt kommen wir am Fluss Richtung Dschungel an. Dort wird zuerst einmal gefuttert. Anschliessend kommen wir dem Real Jungle mittels 4 Stunden Kanutour immer näher. Wir werden bereits mit 4 der 10 verschiedenen hier lebenden Affensorten bekannt gemacht, sehen Vogelarten von A wie Aras bis T wie Tukan, begegnen den ersten pinken Süsswasserdelfinen (enttäuschenderweise sind diese aber grau, da sie erst bei grosser Anstrengung pink werden), einen überdurchschnittlich grossen Cayman und sogar einer Baby-Anakonda, die bereits 1.20 Meter lang ist. 

 

Bei der tollen Nicky Lodge angekommen quartieren wir uns in die Bambushütten ein und essen Dinner bevor wir 1h 30 min durch die dunkle, matschige Amazonasnacht stapfen. Die vielen aussergewöhnlichen Insekten und Amphibien sorgen für teils faszinierte, teils angewiderte Blicke. Den krönenden Abschluss bieten die beiden fetten, haarigen Taranteln unweit von unserer Hütte. 

 

Trotz der besagten Entdeckungen schlafen wir der tollen Geräuschekulisse lauschend friedlich ein.

 

Den zweiten Tag starten wir mit einem reichhaltigen Frühstück, bevor wir mit unserer zwölfköpfigen Gruppe zur Dschungelwanderung aufbrechen. Unser Reiseführer Evi (oder aufgrund seiner Herkunft auch Bangladesch genannt) ist nicht nur wunderbar aufgelegt sondern auch ein wandelndes Lexikon. Seine Zwischenbemerkung „I have the best job in the world“ spürt man jede Sekunde. Die Tour ist ein echtes Abenteuer, dank Hilfsguide Luis und seiner Machete dringen wir tief in den Amazonaswald ein, essen exotische Früchte (beispielsweise Kakaofrucht) und sogar überraschend köstliche Insekten - sie schmecken tatsächlich nach Kokosnuss! Wie erwartet sehen wir nicht allzu viele Tiere, diese nehmen vor unserem Getrampel und dem Gestank nach Moskitospray früh Reissaus. Immerhin sind wir interessanten Tieren wie einem Jaguar und einem Tapir auf der Spur - ihre Fussabdrücke scheinen noch relativ frisch zu sein.

 

Nach dem Mittagessen gibts Siesta und ein Hüpferchen in den braunen aber angeblich sauberen und ungefährlichen Fluss, anschliessend geht die Abendtour los. Mit dem Kanu fahren wir zur Laguna Grande und beobachten wie sich der Himmel nach Sonnenuntergang rot, orange und rosa verfärbt. Ein wahres Schauspiel der Farben. Dazu wagen einige von uns einen nächsten Sprung ins Wasser, obwohl es dort von Piranhas nur so wimmeln soll (rund 16 verschiedene Arten). Diese seien aber ungefährlich solange man nicht blutet. Also auch das eines der vielen Hollywood-Märchen. Gefährlicher sei der „Penisfisch". Damit diese Gefahr nicht droht, gibt es bei einer naheliegenden Lodge vorher noch eine WC Pause. Der „Penisfisch" schlängelt sich nämlich beim urinieren in das Genital und fächert dann seine Stacheln aus, was äusserst schmerzhaft sein soll. Auf dem Rückweg hält Evi Ausschau nach Caymans, die rot leuchtenden Augen der Süsswasserkrokodile sehen wir aber zweimal nur aus grosser Distanz.

 

Früh geht es in die Federn, denn bereits um sechs Uhr früh werden wir von Evis süsser Stimme geweckt. Die Morgentour, erneut mit dem Kanu, wartet. Mit Kaffee- und Teebecher bewaffnet geniessen wir die Morgenstimmung und denken uns: „So lässt es sich gut aufwachen.“ Bis auf ein paar verspielte Affen und gefühlt 24’000 verschiedene Vogelarten bleiben die Tiere aber lieber in den Tiefen des Dschungels. Am Vormittag besuchen wir den Saocoya-Stamm, helfen bei der Kakao- und Cassava-Ernte und machen aus den Cassava-Wurzeln Yucabrot. Anschliessend dürfen wir ausgezeichneten Lunch bestehend aus dem selbstgemachten Brot, welches wir mit Salat, Fleisch, Guacamole, Käse, Bohnen, Schokolade, Banane und/oder Guabamarmelade belegen, beziehungsweise bestreichen können. Es ist so gut, sodass wir uns ziemlich übernehmen. Völlig vollgefressen rollen wir ins Kanu und machen uns auf den Rückweg. Doch auch hier bleibt Evi aufmerksam und entdeckt aus weiter Ferne Sofia, den Dorftapir des Stammes Puerto Bolivar. Die Gunst der Stunde nutzen wir für ein Fussballspiel auf dem Feld des Stammes, grossartigerweise versehen mit einer Tribüne und sogar Flutlichtern! Schnell sorgt Evi für den entsprechenden Anreiz (die Gewinner kriegen Bier). Das lassen sich die Schweizer nicht zweimal sagen und entscheiden das Spiel mit 4:2 für sich. Torschützen: Salome, Fabian und zweimal Simon. Er und Natalie sind nicht erst seit seinem Doppelpack unsere neuen Zürcher (Reise-)Freunde. 

 

Völlig verschwitzt aber zufrieden fahren wir endgültig zur Lodge zurück, erfrischen uns mit einer kalten Dusche und absolvieren den letzten Nachtspaziergang. Auch auf diesem werden wir belohnt. Wir sehen wieder etliche spannende Insekten. Die Lobster-Heuschrecke, welche wirklich aussieht wie ein Lobster, die imposanten Skorpion-Spinnen begegnen uns gleich mehrmals, was uns Evi fragen lässt ob es auch viele Skorpione hier gibt. Sein „na klar“ bestätigt sich nur zirka 2 Minuten später. Am Baumstamm klebt das kleine schwarze Ding. 

 

Auch nach diesem krabbeligen Marsch schlafen wir ein wie Babys.

 

Am nächsten Morgen früh wartet bereits unsere letzte morgendliche Kanufahrt, denn nach dem Frühstück heisst es aufbrechen und zurück zur Zivilisation.

 

5 Stunden später erreiche wir das Busterminal um etwa 15 Uhr. Dort erfahren wir, dass unser Bus zum nächsten Ziel leider erst um 22.45 Uhr fährt. Immerhin soll die fahrt nur 9 Stunden anstatt der besagten 16 Stunden dauern.

 

Wir machen es uns somit am Busbahnhof so bequem wie möglich und haben wieder einmal „Bürozeit“ nacht 4 Tagen ohne Internet. Am Abend gönne wir uns ein Menu und spazieren etwas durch das Zentrum von Lago Agrio bevor wir unseren Nachtbus besteigen.

 

20. bis 23. Juni, Tage 99 bis 102 - Baños: Baden und mehr

 

Etwas auf der Fresse kommen wir gegen 9 Uhr anstatt 7 Uhr am Ziel an. Der Bus war leider nicht wie versprochen direkt. Er hat alle gefühlt 5 Meter angehalten und wir mussten sogar noch umsteigen. Wenigstens konnte die eine mehr der andere weniger gut schlafen.

 

Baños empfängt uns nach der langen, kalten Fahrt nass und kalt. Es ist in Ecuador hinter Galapagos das zweite Touristenziel. Warum? Es gibt unendlich viele Aktivitäten und ist von Bergen und Nationalpark eingekesselt eine tolle Bleibe. Im empfehlenswerten Air BnB vom Paar Marcos und Oscar angekommen, freuen wir uns erst einmal über eine ausgiebige heisse Dusche. Herrlich!!! Anschliessend schlafen wir noch etwas und erholen uns. Beim Stadtspaziergang decken wir uns im Supermarkt und Gemüse-/Früchteladen für die nächsten Tage ein. Zurück in der Unterkunft werden die lang ersehnten Pastas gekocht. Nach fast einer Woche zwei mal täglich Reis ist das ein richtiger Gaumenschmaus.

 

Um 17 Uhr wartet Oscar auf der Dachterrasse mit Latinosound. Es steht endlich unsere erste Salsastunde an. In Ecuador zwar nicht sehr authentisch, dafür der kubanische Lehrer umso mehr. Zu Beginn wird erst einmal eingewärmt, dann folgen die Basic Schritte. Etwas holprig angefangen werden unsere Hüften immer geschmeidiger. Die nächsten Stunden werden zeigen, was aus unserer Tanzkarriere wird.

 

Am Abend entspannen wir unsere Muskeln in den wohltuenden Vulkan-Thermen.

 

Unser 100. Reisetag steht an. Wir schlafen aus und feiern ihn mit einem grossartigen Frühstück. Es gibt frisch gepressten O-Saft, Tee, Ananas, frische Brötchen (weltklasse!) vom Bäcker, Mortadella, Cheddar Cheese, Frischkäse und Schokocornflakes. 

  

Am Nachmittag möchten wir zu Casa del Arbol fahren, wo die berühmte Schaukel und tolle Aussicht auf uns warten soll. Leider ist es bewölkt und wir schwingen nur über das Nebelmeer. Es folgen weiter nicht so tolle News. Oscar, unser Salsalehrer, ist krank und lässt die Stunde ausfallen. Ob es wohl anstrengend war uns zu unterrichten!?

 

Der nächste Tag bringt sehr viel Action. Um 9 Uhr fahren wir mit der jungen Crew zum Rio Pastaza und stürzen uns nach kurzer Einführung und Trockenübungen mit Ausrüstung und River Raftig Boot ins Abenteuer. Es macht unglaublich viel Spass. Da es die letzten Tage scheinbar öfters geregnet hat sei der Fluss Niveau 3 bis 4, was perfekt sei. Rund 1 Stunde kämpfen wir zum Schlachtruf „eins, zwei, eins, zwei“ mit den Wellen an, stürzen uns einmal mit Absicht ins Wasser und geniessen die wilde Fahrt. Seehr seehr geil: Unser erstes Mal River Rafting wird bestimmt nicht das letzte bleiben.

 

Zuhause wartet Oscar nach einem Arztbesuch in alter Frische auf uns um zusammen das Tanzbein zu schwingen. Obwohl wir von so viel Adrenalin ganz schön müde sind, tanzen wir sogar eine Doppelstunde.

 

Freitags versuchen wir unser Glück bei Casa del Arbol erneut und werden mehr als belohnt. Die Aussicht von den Riesenschaukeln ist unglaublich. Wir fühlen uns wie Vögel in den Lüften. Irgendwann ist aber ausgeschwungen und wir machen uns auf zur tollen Wanderung ins Tal. Unterwegs gibt es einen leckeren Halt (Bananen Batido und Oreo-mocca shake) im Café del Cielo. Wie der Name sagt, gibt es auch im Café des Schweizers top Aussicht. Gestärkt machen wir uns auf den Abstieg der letzten 30 Minuten.

 

Wir schlendern noch etwas durchs Dorf und haben unsere letzte Salsastunde bevor wir um 23 Uhr den Nachtbus nach Cuenca besteigen.

 

24. bis 25. Juni, Tage 103 und 104 - Cuenca: Schlechte Nacht, guter Tag

 

Der Nachtbus, welcher 50% von uns schlaflos liess, erreicht Cuenca (2’500 m.ü.M.) unglücklicherweise bereits um 4 Uhr anstelle 5.30 Uhr. Normalerweise freut man sich ja, wenn ein Bus weniger lange hat (was zu 99% nicht passiert) als mitgeteilt, aber wenn draussen die dunkle, kalte Nacht wartet nicht besonders. Im Hostel erwartet man uns natürlich auch erst später. Glücklicherweise wird uns, als wir uns bereits auf der Strasse schlafen sahen, die Tür vom frisch fröhlichen jungen Herr geöffnet, welcher heute seinen ersten Arbeitstag hat. Wären wir sein Chef, gäbe es sofort Gehaltserhöhung! So enden wir anstelle der Strasse auf dem Boden der Hostel Lobby, da die Zimmer erst um 6 Uhr bezugsbereit sind. Die 4 Stunden im Bett geniessen wir dann sehr.

 

Um 10 Uhr lockt uns das perfekte Wetter nach draussen. Wir durchforschen die tollen Gassen des historischen Zentrums, besuchen Märkte, spazieren am Fluss, der mitten durch die Stadt führt und steigen zum Schluss noch auf den Hügel „Turi“. Dort ist ein kleines Dörfchen mit toller Aussicht auf die ganze Stadt.

 

Den nächsten Morgen schlafen wir gemütlich aus und steigen wieder einmal in unseren „Freund und Helfer“. Inzwischen zählen wir unsere verbleibenden Busfahrten.. Wir fahren 3.5 Stunden bis nach Guayaquil, steigen dort um und fahren noch einmal 3.5 Stunden. Bei der ersten Fahrt gehts durch den Nationalpark Cajas. Unglaublich schön! Wohl die schönste Busfahrt dieser Reise. Von den Bergen runter durchbrechen wir das Bilderbuch-Nebelmeer. 

 

Um 8 Uhr empfängt uns die dunkle Nacht von Puerto Lopez. Hier ist das Klima wieder wesentlich angenehmer und wir möchten noch einmal einige Strandtage verbringen. Auf dem Weg zum Hostel Monte Libano, welches direkt am Strand liegt, müssen wir überall grossen Pfützen ausweichen. In der Unterkunft erfahren wir dann, dass heute nach zwei Wochen Dauerregen der erste schöne Tag war. Wir lassen uns also von Petrus’ Wetterplänen für die nächsten Tage überraschen..

 

26. bis 28. Juni, Tage 105 bis 107 - Puerto Lopez: Gigantisch!

 

Das Frühstück auf dem Balkon mit Meersicht und Wellenrauschen schmeckt super. Der Himmel ist ziemlich weiss, aber die Temperaturen sind angenehm und gemäss Einheimischen soll es heute nicht regnen. Wir glauben ihnen und machen uns mit Badetücher bepackt mittels Mototaxi und Bus auf den Weg zum Strand „Los Frailes“, welcher scheinbar einer der vier Schönsten von ganz Südamerika sein soll. 20 Minuten Fahrt und einen Fussmarsch von 30 Minuten durch den Nationalpark Machallila später erreichen wir die im grünen eingebettete 10 km lange Bucht. Zu Beginn hat es noch fast keine Leute, diese erscheinen aber immer mehr, da man den Strand leider auch mit dem Auto erreichen kann. Wir geniessen das Nichts tun. Das Wetter hält und trotz fernbleiben der Sonne kehren wir mit roten Backen in die Unterkunft zurück.

 

Beim Essen kochen werden wir kreativ und machen uns Reis mit Erdnusssauce und Poulet. Am Abend verlocken die süssen Strandbars.

 

Petrus ist ein Langweiler. So empfängt uns am Dienstag das selbe Wetter wie tags zuvor. Bewölkt! Uns kann es aber eigentlich egal sein, denn heute machen wir eine Whale Watching Tour zur 40 km entfernten Isla la Plata, eine andere (wärmere) Klimazone.

 

Bereits am Pier angekommen sehen wir eine Schildkröte im Wasser plantschen. Auf der Hinreise zeigen sich die ersten Buckelwale, welche aussehen wie grosse Delfine. 

 

Die Insel empfängt uns tatsächlich mit Sonnenschein. Beim ankern zeigen sich mehrere grosse Schildkröten, die wir mit Salat füttern. Bei der einstündigen Wanderung bis zum Aussichtspunkt sehen wir erstmals die für die Galapagos berühmten Blaufusstölpel. Ganz lustige Kerlchen. Die Fregattvogelmännchen, welche ihre Brust für mehrere Minuten rot aufprusten können (sieht aus wie ein Geschwür), begeistern damit nicht nur ihre Weibchen. Wenn sie eine Dame abbekommen habe oder einfach frisch Luft holen müssen, hängt dieser rote Brustteil runter wie bei einem Hahn. Wir lernen sehr viel auf der auch genannten „kleinen Galapagos“ Insel. Auch warum sie ihren Namen Isla de la Plata (Silber) trägt. Nicht verwunderlich ist sie wegen ihrer vielen Vogelbewohnern zur Hälfte voll mit Scheisse, welche bei Sonnenlicht von weitem scheinbar leuchtet wie Silber. Dies zumindest meinten unsere Vorfahren.

 

Auf dem Rückweg gibt es noch einen Schnorchelhalt bei der Insel. Zuerst ist die Sicht etwas schlecht und das Wasser etwas frisch, doch beim Felsen wird es besser und wir sehen viele farbige kleine und grosse Fische. Unter anderem auch einen Steinfisch und zum krönenden Abschluss schwimmt sogar noch eine Schildkröte an uns vorbei.

 

Das grosse Highlight auf dem Rückweg: Wir begegnen einem Buckelwalweibchen welches gleich neben unserem Boot am herumtollen ist und mehrmals hoch in die Luft jumpt und so riesige Wasserfontänen und Wellen verursacht. Wir sind überwältigt und sprachlos. Ein einzigartiges und beeindruckendes Naturspektakel. Der Ausflug wird somit trotz Seekrankheit zum grossen Erfolg.

 

Am nächsten Morgen entschliessen wir uns wegen des Regens zur Weiterfahrt. Unsere letzte lange Busreise.

 

Leider machen wir schlechte Erfahrungen. Es sind eben doch nicht alle Ecuatorianer nett und hilfsbereit. Dass es bis zu unserem nächsten Ziel, Latacunga, keinen direkten Bus gibt, haben wir schon bei Ankunft in Erfahrung gebracht, nur sind wir uns nicht sicher welchen Bus wir nehmen müssen, respektive wo wir umsteigen müssen. Die eine Gesellschaft sagt zurück nach Guayaquil, die Andere nach Quevado. Süden oder Norden? Da wir kein Internet haben bleibt uns nur der 50/50 Joker. Wir entscheiden uns beide für Guayaquil, da das auch unsere Hostel-Besitzerin meinte, es eine Grossstadt ist und das Ticket sogar noch weniger kostet. Ausserdem, so erzählt der Ticketverkäufer, fährt in Guayaquil alle 30 Minuten ein Bus nach Latacunga und er brauche, nur drei Stunden - also eine Stunde weniger als von Quevado aus. Der Bus fährt später ab als nach Quevado, also gedulden wir uns noch 30 Minuten bevor wir wieder 3.30 Stunden still sitzen müssen.

 

 

In Guayaquil angekommen merken wir, dass es die falsche Entscheidung war. Von wegen haben wir alle 30 Minuten einen direkten Bus nach Latacunga. Fast 4 Stunden später fährt der Einzige. Zudem erfahren wir, dass wir einen rechten Umweg gemacht haben - Latacunga ist mittlerweile sieben Autostunden entfernt. Da rastet der Eine, ja richtig, der und nicht die, am Schalter einmal aus und stellt den betrügerischen Busticketverkäufer zur Rede… Nur bringt es leider nichts. Es bleibt uns nichts anderes übrig als den nächsten Bus 15 Minuten später nach Ambato zu nehmen. Bis dorthin fahren wir wieder 5.30 Stunden, müssen noch einmal umsteigen und erreichen Latacunga um Mitternacht anstelle wie geplant um 8 Uhr. Leider konnten wir noch keine Übernachtungsmöglichkeit buchen, da wir die letzten Tage kein Internet hatten. So bleibt uns nichts anderes übrig, als zur Geisterstunde durchs Stadtzentrum zu irren, bis wir endlich eine Bleibe finden.

 

29. Juni, Tag 108 - Quilotoa: Spektakel der Farben

 

Die Nacht wird kurz, denn bereits um 6:30 Uhr klingelt der Wecker. Heute wollen wir auf den Quilotoa zum berühmten Kratersee eines inaktiven Vulkans. Weil sich der Nebel um den Vulkan gegen Mittag verdichtet empfiehlt es sich, die Reise frühmorgens in Angriff zu nehmen. So stehen wir kurz nach sieben Uhr am Busbahnhof von Latacunga - der 7:30 Bus wird aber auf acht Uhr verschoben. Sies drum, wir erreichen Quilotoa noch vor zehn, es bleibt also noch genügend Zeit um einen freien Blick auf See und Umgebung zu geniessen. Und wie! 

 

Trotz hartnäckigen Wolken über uns ist die smaragdgrüne Farbe des Wassers von oben hervorragend zu erkennen. Richtig spektakulär schimmert es am Ufer: Wohl dank des hellen Gesteins unter des Wassers leuchten die Ränder hellgrün. Gepaart mit dem grünbewachsenen Bergen und Felswänden drumherum ergibt sich einen Anblick, an dem man sich kaum satt sehen kann. Jedoch sehen das unsere Mägen anders und wir verlassen hungerbedingt den Hügel, der übrigens 3800 Meter über Meer liegt. Anschliessend geht es zurück nach Latacunga und von dort noch am selben Tag nach Quito. Auch diese Fahrt dauert kaum zwei Stunden.

 

30. Juni bis 4. Juli, Tage 109 bis 113 - Quito: Bald ist es soweit!

 

Endlich mal wieder ausschlafen! Wir starten gemächlich in den Tag, bevor wir den indigenen Markt von Ecuadors Hauptstadt besuchen. Dort finden wir Coca-Blätter, Schale aus Alpaca-Wolle und sonstige interessante, meist handgemachte Produkte. Danach besuchen wir die Free Walking Tour, wo wir dank Guide Ovi einen guten Einblick in die Geschichte der Stadt und des Landes erhalten. Beispielsweise lernen wir, wie chaotisch die Umstellung der lokalen Währung „Sucre“ auf den Dollar verlief. Noch während Ende 1998 die Regierung über seine Pläne zum Währungswechsel diskutierte (mit dem Dollar sollte endlich eine stabile Währung her), erfuhr ein Teil der Bevölkerung davon. Das führte zuerst zu Insidergeschäften und gipfelte in Panikkäufen von US-Dollar. Zu diesem Zeitpunkt brauchte man 3000 Sucres für einen USD (1990 noch 800 Sucres) - bis die Regierung den Kurs einfrieren und am 9. März 2000 den Dollar offiziell einführen konnte, stieg der Kurs auf 1:25’000. Ein paar wenige verdienten viel Geld, während mehrere Millionen Menschen viel, viel Geld verloren (und einige Banken Konkurs gingen).

 

Weil wir gerade im Shoppingfieber sind (und mittlerweile Samstag ist) reisen wir Tags darauf ins zwei Busstunden entfernte Otavalo, wo jeweils Samstags der grösste indigene Markt Lateinamerikas haust. Von gefälschten Nike-Schuhen über Meerschweinchen, Hundewelpen, Rindern und anderen Tieren, bis hin zu Schmuck, handgemachten Pullovern aus Alpaca-Wolle oder sonstigen Textilien: Hier gibt es alles zu kaufen. Fünf Stunden schlendern wir durch die Stadt - dennoch können wir nicht den ganzen Markt abklappern. Kein Wunder sind wir auf der Heimreise erschöpft und gönnen uns einen gemütlichen Abend in unserer Unterkunft. Allgemein nehmen wir es in Quito etwas lockerer. Statt gross durch die Stadt zu rennen überwiegt aktuell die Vorfreude, dass am Dienstag als krönender Abschluss der Reise unser Trip nach Galapagos ansteht.

 

Vorher haben wir aber noch einen anderen Ausflug auf dem Zettel: Nach dem südlichsten und nördlichsten Punkt Südamerikas fahren wir jetzt auch noch zur Mitte der Welt. Denn ein paar Kilometer nördlich von Quitos Innenstadt führt die Äquatorlinie hindurch - natürlich von der Regierung bestens Zelebriert mit Statue, Museen, etc. Der Symbolik wegen bezahlen wir die 3,5 Dollar Eintritt und schiessen die obligaten Fotos auf der Linie. Auf dem Rückweg halten wir erneut kurz beim Mercado Artesanal und kaufen ein paar Souvenirs.

 

Bald ist es soweit: Noch einmal schlafen bis Galapagos! Mit diesem Gefühl erwachen wir, frühstücken erstmal in Ruhe und herzhaft, bevor wir durch die „Zona Foch“, also den neuen und gepflegten Teil der Stadt, schlendern. Dabei vergleichen wir erstmals Angebote für Schiffstouren auf Galapagos. „Wir haben ein sehr gutes Last-Minute-Angebot: Acht Tage auf einem schönen Schiff für 2300 Dollar“, sagt der erste Verkäufer strahlend. Wir beweisen Grösse und laufen nicht sofort davon, sondern lassen den guten Mann erst noch Ausreden. Rund fünf erfolglose Besuche in Agenturen später gönnen wir uns (endlich einmal) einen Snack bei Kentucky Fried Chicken und gehen via Mercado Artesanal (langsam sind wir Stammgäste) zur Jungfrau-Statue auf einem Hügel, von dem man eine tolle Sicht über die Stadt geniesst. Mittlerweile ist Abend und das Lichtermeer beeindruckend. Zur Feier des Tages genehmigen wir uns einen Canelazo, eine Art Zimtpunsch - sogar mit einem Schüsschen Schuss drin.

 

4. bis 18. Juli, Tage 113 bis 127 - Galapagos: GA LA PA GOS!!!!!!

 

Heute ist der Tag. Der Tag, auf den wir (einer von uns nahezu zehn Jahre) gewartet haben: Wir fliegen nach GALAPAGOS! Voller Vorfreude auf die Blaufusstölpel, Robben, Schildkröten, Leguane, und was es sonst noch alles geben soll, machen wir uns auf den Weg zum Flughafen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind streng, Galapagos-Besucher müssen ihr Gepäck separat inspizieren lassen. Die Einfuhr von organischen Lebensmitteln ist ebenso verboten wie diejenige von Dreck an den Schuhen (tatsächlich sahen wir einen Touristen seine Wanderschuhe putzen). Dennoch landen wir ohne weitere Probleme im Paradies, bezahlen anstandslos unsere 100 Dollar Nationalpark-Gebühr pro Person (20 Dollar mussten wir zusätlich in Quito am Flughafen bezahlen) und machen uns auf den Weg nach Puerto Ayora, dem Zentrum des Archipels. Dort beziehen wir unser Hostel und machen uns auf die Jagd nach einem Last-Minute-Schnäppchen.

 

Am nächsten Morgen erkunden wir die Insel Santa Cruz, wovon Puerto Ayora die Hauptstadt ist. Und wir lernen: Lonely Planet lügt nicht, wenn er Bahia Tortuga zu einem der schönsten Strände Südamerikas kürt. Der weisse Sandstrand glänzt neben der Sonne insbesondere durch seine Feinheit (als würde man über Mehl laufen), aber auch das tiefblaue Wasser mit seinen riesigen Wellen hat seinen Reiz. Und vor den Mangroven am Ende des Strandes tummeln sich unzählige Wasser-Leguane und geniessen die Sonne. Wie die rund 1,50 Meter langen Echsen ins oder aus dem Meer steigen ist ein wahres Schauspiel. Gleich nebenan geraten wir zur etwas ruhigeren Playa Mansa. Dort machen wir es den Leguanen nach und gönnen uns ein Sonnenbad. Vom schnorcheln sind wir enttäuscht, ist doch die Sicht unter Wasser gleich Null. Trost finden wir im Abendessen: Endlich gibt es wieder leckere Burger - für einen von uns sogar mit Speck und Spiegelei!

 

San Cristobal: Nichts für Mexikaner

 

Von einem umtriebigen Agenturverkäufer bekommen wir zugesteckt: Wieso mit den teuren Schiffen eine Achttagestour machen, wenn die ersten beiden Stationen locker alleine unternommen werden können? Der angenehme Nebeneffekt: Neben 450 gesparten Dollar pro Person haben wir etwas mehr Zeit für die Insel San Cristobal. So fahren wir am frühen Morgen mit einem Motorboot zweieinhalb Stunden zur „Capital of paradise“, der Hauptstadt von Galapagos, wo wir sofort von einer Robbe gejagt werden. Dort besuchen wir zwei Strände, La Loberia und Punta Carola. 

 

Bereits der erste Strand macht seinem Namen alle Ehre: Sinngemäss übersetzt „Robbenfabrik“. Es vergnügen sich so viele Robben im Wasser und an Land, sodass jeder Mexikaner sofort laut schluchzend die Flucht ergreifen würde (die Nordamerikaner sind an der WM 2014 wegen einer Schwalbe von Arjen Robben ausgeschieden). Auch dort macht sich ein kleiner Frechdachs einen Spass daraus, uns von unserem Strandtuch zu jagen und am Rucksack zu schnüffeln. Mit den Tieren im Wasser zu schwimmen ist ein grossartiges Erlebnis. 

 

Doch auch in Punta Carola wimmelt es von den Tieren (und riecht entsprechend nach ihrem überall herumliegenden Kot). Dennoch fällt uns der Abschied schwer - immerhin wissen wir, bald wieder mit ihnen schwimmen und tauchen zu dürfen.

 

Die Motorbootfahrt ist schon bei den etwas mehr als zwei Stunden hinfahrt recht übel, die Rückfahrt dauert dann mehr als 3 Stunden. Dies ist der Einen von uns etwas zu viel. Sie leidet 24 Stunden später noch unter Übelkeit. Und doch war es den Ausflug wert.

 

Puerto Ayora: Ein beeindruckendes Center und der einsame George

 

Frohe Kunde zu früher Stunde: Wir haben unsere Schifffahrt durch die Paradiesinseln endgültig gebucht! Am Dienstag besteigen wir für sechs Tage die edle „Eden“ - für mehr als 50% weniger als dem Listenpreis. Danach besuchen wir das berühmte Center von Charles Darwin, wo Schildkröten aufgezogen, analysiert und danach wieder freigelassen werden. Angefangen wurde das Ganze mit dem Grund, weil früher Seefahrer Schildkröten gejagt und gegessen haben. Die Tiere waren vom Aussterben bedroht, unter anderem dank dem Charles Darwin Center sind aber 11 der einst 15 verschiedenen Sorten in sogar noch stabiler Anzahl existent. Dabei sind die Giganten äusserst wichtig fürs Ökosystem von Galapagos, oder zumindest ihre Scheisse. Denn die Samen der Pflanzen und Früchte, welche die Schildkröten fressen, überleben den kompletten Verdauungsprozess und kommen unbeschadet hinten wieder heraus. Aus einem Schildkrötenkot können also mehrere Pflanzen und Früchtesträucher entstehen, wodurch die Flora der Insel erhalten bleibt. Geiler Scheiss!

 

Betroffen macht uns die Geschichte von „Lonesome George“. Weil die Forscher glaubten er sei der letzte seiner Gattung, nahmen sie ihn ins Zentrum, von wo aus sie paarungswillige Weibchen suchten. Doch George wollte nicht und starb nach mehreren Jahren einsam. Offiziell wurde Altersschwäche genannt. Allerdings wurde George 100 jährig, für seine Rasse üblich sei aber 150 bis nahezu 200. Zu spät erkannten die Forscher, dass auf derselben Insel wie George gefunden wurde noch zwei weitere seiner Spezies waren - beide weiblich. Mittlerweile ist man überzeugt davon, dass George nicht wegen seines Alters starb, sondern vor Trauer, seine beiden Gattinnen verloren zu haben. Offiziell sind die Pinta-Schildkröten nun ausgestorben, es wurden aber sogenannte Hybrid-Schildkröten gefunden, die ihre Gene tragen. Die Hoffnung, die Pintas doch noch erhalten zu können, lebt also noch ein wenig.

 

 

Auf dem Nachmitttagsspaziergang zur Bahia Tortuga begegnen wir Tagesmotto-Konform einer Riesenschildkröte, die neben dem Fussweg nach Essen sucht. Am uns bereits bekannten Strand schnorcheln wir in einer anderen, viel weniger tiefen, Lagune und werden fündig: Eine Roche und sogar einen Baby-Galapagoshai sehen wir. Später tummelt sich sogar einer der Babies gefährlich nahe am Sand herum, sodass er beinahe strandet. Es sollte ein Vorgeschmack sein, schliesslich steht morgen unsere erste Tauchtour im Paradies an.

 

Arschkalt

 

Anderthalb Stunden fahren wir mit dem Boot Nautilius der Firma Nauti Dive in Richtung Seymour und Mosquera, beide nördlich der Flughafeninsel Baltra, wo wir ins Wasser springen werden. Während dem ziemlich professionellen Briefing erklärt uns Gruppenleiter Marco, dass die Sicht um einiges besser sei, als in den vergangenen Tagen, und somit eine Chance bestehe, Hammerhaie zu sehen. Unsere Vorfreude kühlt sich nach dem ersten Hüpfer ins Wasser aber grausam ab. Trotz den langen 7mm Anzügen frieren wir im 20 Grad kalten Wasser. Tapfer machen wir uns dennoch auf die Suche nach den Grossfischen und bald begegnen wir den altbekannten Weissspitz Riffhaien, die wir schon in Costa Rica und Panama öfters angetroffen haben. Ein Schauspiel sind vor allem die Schulen an farbigen Fischen. Ausserdem schwimmen wir durch einen Schwarm von Barrakudas, die aufgrund ihrer Dichte fast schon eine Wand bilden und sich zu einer Art Tunnel formen, damit wir hindurch schwimmen können - ein fantastisches Gefühl. Leider bleibt der Hammerhai verborgen, allerdings sehen wir eine friedlich schwimmende Meeresschildkröte. Witzig sind die Garten-Aale, deren aus dem Boden guckende Köpfe wie Gras auf einer Wiese aussehen. Rochen, Muränen, dutzende Seesterne und viele, viele farbige Fische bekommen wir auch vor unsere Taucherbrille.

 

Zitternd steigen wir aus dem Wasser, der Fahrtwind wirkt sich dabei nicht nur positiv auf unsere Körpertemperatur aus. Dies, obwohl eine von uns wohl einen neuen Rekord aufstellt und gleich zwei 7mm Anzüge tragen darf (einer davon ein Trockenanzug, der noch mehr vor Kälte isolieren soll) - während der andere ein Tauch-Unterziehshirt trägt.

 

Rib&Rob

 

Auch am nächsten Tag, bei unserem Schnorcheltrip zur östlich liegenden Insel Santa Fe wird es nicht besser, im Gegenteil. Dieses Mal müssen wir mit unseren kurzen Wetsuits vorlieb nehmen und schlottern deshalb im Wasser ziemlich bald. Beim zweiten unserer drei Schnorchelausflüge werden wir aber mehr als entschädigt: zwei Robben, davon ein Junges, tollen mindestens eine halbe Stunde um uns herum, schwimmen neugierig auf uns zu um ca 20 Zentimeter vor unserem Gesicht vergnügt abzudrehen. Einzigartig. Einfach nur einzigartig! Immer wieder plantschen die beiden putzigen Tiere - wir taufen sie Rib und Rob - um uns herum und sorgen für kollektive Dauerekstase in der Gruppe. Etwas träger ist die Schildkröte beim dritten Schnorchelgang - sie liegt gemütlich am Boden und lässt sich von uns runtertauchenden Touristen nicht aus der Ruhe bringen. Neben dem „Faultier“ und dem Duo Rib/Rob verzücken uns die farbigen, riesigen Fischschwärme, die friedlich wenige Fingerbreit vor unseren Gesichtern durchschwimmen. Einige von ihnen waren sicherlich grösser als unsere Köpfe! Als krönenden Abschluss sehen wir auf der Rückfahrt Rochen, die ganz nach dem Vorbild unseres Lieblings-Wals von Puerto Lopez aus dem Wasser in die Höhe springen. Unfassbar!

 

 

Noch in Erinnerungen an Rib&Rob schwelgend gönnen wir uns zum Nachtessen etwas spezielles: Ein Menü mit einer Käsesuppe (ja, wir freuen uns auf die Heimkehr).

 

Langsam aber sicher steigt der Puls wieder. Morgen beginnt unser wohl letztes grosses Abenteuer der Reise: Der sechstägige Cruise. Noch ist es aber nicht soweit, so machen wir uns am heutigen Montag auf zu Las Grietas, einer Schlucht mit kristallklarem Wasser. Wir kommen gerade rechtzeitig an, denn nach gefühlt 120 verzweifelten Rufen der Gruppenleiterin verschwinden die Studenten der Universität Cuenca und wir haben das natürliche Schwimmbecken nahezu für uns. Bemerkenswert sind vor allem die vergleichsweise winzigen Marine Iguanas und ein paar ziemlich grosse Fische. Danach erholen wir uns am Strand „Los Alemanes“.

 

Mit Eden durch Utopia

 

Ausschlafen, leicht frühstücken und ab geht die wilde Fahrt! Wegen unserem dauerbesoffenen Reiseagenten Stalin (das mit dem besoffen erfahren wir von unseren neuen Freunden an Bord) erreichen wir mit knapp einer Stunde Verspätung gegen 13 Uhr unser Schiff. Schon der erste Eindruck macht Lust auf mehr: Edles Interieur aus Holz, eine bequeme Lounge im Essbereich und Liegestühle auf dem Upper deck (wahlweise mit Sonne oder bedeckt im Schatten) lassen unsere ohnehin schon grenzenlose Vorfreude noch mehr in die Höhe schiessen.

 

Nach einem fantastischen Mittagessen unternehmen wir unseren ersten Ausflug durchs Hochland der Insel Santa Cruz. Auf der Farm El Chato sehen wir zahlreiche wandernde Riesenschildkröten und besuchen Tunnels, die vor tausenden von Jahren durch Lava geformt wurden. Im Anschluss geht es zurück aufs Schiff für ein deliziöses Essen (es dürfte in der ganzen südlichen Hemisphäre keinen besseren Koch als unseren Walter geben) und erschöpft ins Bett. Obwohl: Vor dem schlafen gehen entdecken wir dank unseren US und kanadischen Freunden das Kartenspiel Monopoly Deal - ein Spiel, das uns fünf Abende lang begleiten und unsere Beziehung auf harte Proben stellen sollte.

 

Wie auf unserem Schiff üblich steht Tags darauf bereits um 7 Uhr das Frühstück auf dem Programm. So ganz nebenbei zaubert Walter (neben einigen anderen Leckereien) mal eben French Toast aufs Buffet. Etwas weniger Glück haben wir bei unserer ersten Aktivität: Der Vulkan Sierra Negra zeigt sich von seiner bewölktesten Seite. So sehen wir knapp über den Rand des Kraters hinaus, haben aber keine Chance seine wahre Grösse zu geniessen. Mit einer Länge von elf und breite von neun Meilen hat er nämlich den zweitgrössten Krater der Welt. Übrigens: Seit gestern Nacht sind wir bei der Insel Isabela - der grössten Insel mit der lustigen Form (sieht genauso aus wie ein Seepferdchen).

 

Am Nachmittag fahren wir vom Haupthafen Puerto Villamil ins Schildkröten-Aufzuchtcenter „Arnaldo Tupiza Chamaidan“. Dort sehen wir, wie klein Riesenschildkröten nach der Geburt sind, bekommen ein frisch Geschlüpftes zu Gesicht - ebenso wie Föten im Alter von ein, zwei und vier Monaten. Fas-zinierend! Noch mit etwas traurigen Gesichtern (wir hätten das kleine Schildkrötchen so gerne mit nach Hause genommen) lassen wir den Tag am wunderschönen Strand von Puerto Villamil ausklingen. Doch die Schönheit trügt: Wegen in Vergangenheit vorgekommenen Haiattacken ist nur ein kleiner Teil des Strandes zum Baden geeignet. Auf dem Weg zur Bucht begegnen wir noch dutzenden Flamingos und beobachten die hübschen Tiere aus nächster Nähe.

 

Bester Tag ever?

 

Wir freuen uns: Denn unser Guide Victor gibt bekannt, dass wir heute erstmals während unserem Cruise schnorcheln. Schliesslich ist die Unterwasserwelt das Prunkstück des ohnehin unfassbaren Galapagos. Zuerst wandern wir aber durch eine Lavawüste. Der knirschende, pechschwarze Untergrund fühlt sich an wie abgekühlte Kohle. Nahezu kein Leben ist an diesem beeindruckenden Ort zu finden - ausser einer kleinen, dünnen Schlange, die sich aber sofort in einem der Löcher der Lavasteine versteckt. Auf dem Rückweg zur Eden - wir wollen uns fürs Schnorcheln vorbereiten - fahren wir mit dem Schlauchboot am für uns offiziell spektakulärsten Felsen von ganz Galapagos vorbei: Während im Wasser drumherum Meeresschildkröten schwimmen sonnen sich auf dem Gestein zusammen Meeres Iguanas, Blaufusstölpel, Seelöwen, farbige Krebse und sogar die putzigen kleinen Galapagos-Pinguine. Was für ein Anblick!

 

Kann das noch besser werden? Es kann! Denn der Schnorchelausflug ist einfach nur atemberaubend. Minutenlang schwimmen wir mit den friedlichen Schildkröten, versuchen herumflitzende Pinguine einigermassen erkenntlich vor die Linse zu bringen und beobachten unzählige farbige Fische. Ganz nebenbei tollen noch einige Seelöwen um uns herum. Und weil wir Menschen den Hang haben das Negative zu suchen sind wir am Abend fast schon traurig, dass dieser überragende Tag 24 Stunden zu früh kam. Denn der 14. Juli ist ja erst morgen, und besser werden kann es jetzt ja endgültig nicht mehr.

 

Bester Tag ever! Von Buckelwalen, Delfinen, schwimmenden Iguanas und dem doppeltem Rückwärtssalto des Mantas

 

Nun ja, es kann. Schliesslich gelten für Galapagos eigene Gesetze - und diese reizen wir an diesem besonderen Tag bis zum Äussersten aus. Victor sollte uns am Abend entzückt erklären, dass er den schönsten Schnorchelausflug der letzten fünf Jahre erleben durfte. Und das war noch vor dieser Sache mit dem Manta. Aber eines nach dem anderen.

 

Am Morgen besichtigen wir bei strahlendem Sonnenschein das Tagus Cove - einer Bucht wo früher die Seefahrer und Walfänger in Scharen ankerten, um Wasser aus dem naheliegenden (inaktiven) Vulkan Wasser abtransportierten. Danach gehts ins sehr, sehr kühle Nass. Gleich zweimal dürfen wir heute die Unterwasserwelt dieses Paradieses der Paradiese bewundern. Und gleich zu Beginn erleben wir einmaliges. Kaum im Wasser wartet eine Schildkröte auf uns. Wir wollen mit ihr schwimmen und für Fotos posieren, doch vorbei schwimmende Pinguine lenken uns ab. Etwas verärgert versucht Fabian Salome deutlich zu machen, dass sie endlich links schauen soll, sonst verpasst sie den Flitzer - bis er merkt, dass sie drei davon zu seiner Rechten beobachtet. Nach wenigen Minuten ist der Zauber vorerst vorbei und die kaum 50 Zentimeter kleinen Tiere verschwinden aus unserer Sichtweite. Halb so schlimm, denn es warten mindestens ein Dutzend Schildkröten darauf, gemeinsam mit uns zu schwimmen. Einige der Reptilien sind mehr als anderthalb Meter gross! Ein Traum! Sooo viele Glücksgefühle. Es kribbelt richtig im Bauch und wird einem warm ums Herz - trotz 19 Grad kaltem Wasser. Schlotternd, aber mit unserem breitesten Lächeln steigen wir aus dem Wasser. Jetzt aber wirklich: Besser kann es nicht mehr werden!?

 

Mit einer heissen Dusche, einmal mehr unfassbar leckerem Essen und heisser Schokolade wärmen wir uns auf, bevor wir erneut feststellen müssen: Es kann tatsächlich noch besser werden! Man nehme die Eindrücke aus dem Morgen, addiere zwei Seelöwenmamas die gerade ihre Neugeborenen füttern, ein paar Seelöwen unter Wasser, unzählige Schildkröten plus hunderte schwimmende (und unter Wasser essende) Meeres Iguanas und es gibt: den perfekten Tag. Das glauben wir zumindest. Während wir uns anschliessend auf den Liegestühlen uns von den überwältigenden Eindrücken erholen und sie zu verarbeiten versuchen dann die Krönung: Zuerst sehen wir einen Buckelwal (der dann unter unserem Boot durchschwimmt), eine Schule von Delfinen und zu bester Letzt eine Mantaroche, die tatsächlich direkt vor unserem Boot zweimal in die Luft springt und einen doppelten Rückwärtssalto hinlegt. Wir geben Stilnote 10, bei einem Puls von zweihundert. Erstaunt und noch immer zitternd vor Freude müssen wir feststellen: Fast alle Tiere haben die von Fabian verschickte Einladung zu Salomes Geburtstagsparty erhalten - einzig der Hammerhai und der Whaleshark blieben unentschuldigt fern. Bevor der Vorhang der Show endgültig zugeht gibt es von der Crew organisiert noch einen festlich dekorierten Essensraum mit leckerer Torte und wir stossen mit Weisswein auf diesen Wahnsinnstag an. Einziger Make: Dieser Geburtstag wird sehr, sehr, sehr schwer zu toppen sein.

 

Roter Sand und Zeit für Abschied

 

Unser letzte komplette Tag auf dem Cruise ist wie erwartet weniger spektakulär als die vergangenen beiden. Damit wir ihn bestmöglich geniessen können entscheidet Victor, uns bereits um 6 Uhr aus den Federn zu jagen. So steht zuerst eine anderthalbstündige Wanderung durch Sand und Lavagestein auf dem Zettel. Die Aussicht über die Bucht von Puerto Egas ist beeindruckend, anschliessend schnorcheln wir im einmal mehr eisigen Wasser. Wir sehen Seelöwen, Schildkröten, mehrere farbige Fische und sogar einen Tentakel eines versteckten Octopusses. Nach dem Mittagessen gönnen wir uns ein Nickerchen und erwachen mit grandioser Aussicht auf die Insel Rabida, wo wir den Nachmittag verbringen werden. Roter Fels mit rotem Sandstrand lassen uns schnell wieder richtig wach werden. Im Wasser begegnen wir einer riesigen Schule an Burrito Grunts, den grauen Fischen mit leuchtend gelber Schwanzflosse.

 

 

Danach fahren wir los in Richtung North Seymour, wo wir heute Abend eintreffen und morgen früh unsere allerletzte Wanderung vornehmen werden, bevor es zurück in Richtung Puerto Ayora geht.

 

Zu früher Stunde klingelt uns der Wecker aus den Kajüten. Es geht auf zur letzten Besichtigung. Auf North Seymour sehen wir zum ersten Mal in freier Wildbahn die gelben Landiguanas. Die Insel ist berühmt für ihre unzähligen Vögel. Besonders Blaufusstölpel und Fregattvögel sind an jeder Ecke in grossen Scharen anzutreffen. Fast schon logisch also, dass Salome auf den Jackenärmel angeschissen wird. Egal, soll ja scheinbar Glück bringen.

 

Nach dem leckeren Frühstück heisst es definitiv Adios Eden. Wir fahren mit dem Bus zurück nach Puerto Ayora und gönnen uns ein ausgiebiges Nickerchen am Playa de la Estacion.

 

Hammer, dieser Hai!

 

Unseren letzten Tag auf Galapagos verbringen wir unter Wasser. Wir wagen den fortgeschrittenen Tauchgang „Gordon Rocks“. Eigentlich werden wegen der starke Strömung keine Taucher ohne Advanced Zertifikat oder mit mindestens 30 Tauchgängen akzeptiert. Dennoch dürfen wir mit, weil wir immerhin schon etwas Taucherfahrung auf Galapagos mitbringen (oder die Firma noch etwas Geld verdienen will).

 

Etwas angespannt steigen wir mit 9 erfahrenen Tauchern ins Boot. Es ist eine tolle Truppe und von Anfang an herrscht beste Stimmung. Wir sollten diese Entscheidung zum Glück nicht bereuen.

 

Bereits beim eintauchen schwimmt eine Gruppe Hammerhaie um uns herum. Unglaublich dieses Gefühl. Die Sicht beträgt leider nur etwa 12 Meter. Später begegnen wir noch weiteren Hammerhaien, einer Schildkröte, einer Muräne und vielen tollen Fischschwärmen. Erstaunlicherweise können wir mit den anderen Tauchern mithalten und kehren erst 37 Minuten später mit den anderen ins Boot zurück. Dies ist wegen der Strömung, der Kälte und der Tiefe von bis zu 30 Metern eine gute Leistung.

 

Beim zweiten Sprung ins kalte Wasser begegnen wir sogar dem tollen und seltenen „Mola Mola“ (Mondfisch). Nach einem extralangen Safety Stop, da wir in etwas mehr als 24 h nach Quito zurück fliegen, geht’s zufrieden zurück. Ein gelungener Abschied nach zwei unvergesslichen Wochen im utopischen Galapagos. Zusammen mit der Tauchtruppe lassen wir den Abend mit Cocktails ausklingen und freuen uns, dass wir alle Tiere, die wir wollten gesehen haben. Nur der Whaleshark blieb von uns ungesichtt. Doch spätestens auf unserem geplanten Dive Cruise zu Darwin und Wolf (Life Goal) dürften wir ihm dann begegnen.

 

Den letzten Tag nehmen wir gemütlich. Shoppen noch Souvenirs und machen uns dann bald auf den Weg zum Flughafen. Der grosse Iguana mitten auf der Fahbahn versucht noch unseren Bus aufzuhalten, doch es hilft alles nichts. Er wird verjagt und wir müssen den Flieger nach Quito besteigen. 

 

19. Juli, Tag 128 - Quito: Adios Latinamerica

 

Bevor wir Südamerika endgültig verlassen schlafen wir nahe am Flughafen in San Miguel nochmal gut und komfortabel und gönnen uns im angrenzenden Calderon einen Haarschnitt, eine Rasur, Maniküre und Augenbrauenbehandlung für satte sechs Dollar. 

 

Danach gehts zum Flughafen, von wo wir um 16 Uhr Ortszeit via Amsterdam nach Zürich fliegen. Unser Abenteuer ist somit endgültig zu Ende - it was a hell of a trip! 

 

Gesehene Tiere in Galapagos:

 

Manta (doppelten Rückwärtssalto machend)

Blaufuss Tölpel

American Oyester Snatcher

Galapagos-Hai

Weissspitz Riffhai

Schwarzspitz Riffhai

Garden eel

Seelöwen

Fregatten

Muräne

Schlange

Blue Harron

Golden Ray

Eagle Ray

Spotted Eagle Ray

Sting Ray

Buckelwal

Delfine

Flamingos

Marine Iguanas

Land Iguanas

Meeresschildkröten

Galapagosschildkröten

Galapagos Pinguine

Octopus

King Angelfish

Barberfish

Three-banded Butterflyfish

Yellowtail Damselfish

Panamic Sergeant Major

Razor Surgeonfish

Giant Damselfish

Moorish Idol

Blue and Gold Snapper

Cortez Rainbow Wrasse

Mexican Hogfish

Blue-chinned Parrotfish

Burrito Grunt

Galapagos Grunt

Black-striped Salema

Galapagos Mullet

Longfin Halfbeak

Scissortail Chromis

Pacific Creolefish

Spinster Wrasse

Hieroglyphic Hawkfish

Flag Cabrilla

Panamic Fanged Blenny

Leather Bass

 

Guineaowl Pufferfish

Hammerhaie

Mondfisch

Tropetenfische

Clownfische

"Fliegende" Rochen

 

 

 

Fazit Ecuador:

 

Auch dieses Land hat alles zu bieten, was man sich wünscht. Hochland, der wunderschöne Amazonas Dschungel, die schönen Küsten und Utopia Galapagos. Wir haben Tiere von A wie Aras bis Z wie Zweifingerfaultiere gesehen. 2/3 aller gesehenen Tiere unserer Reise waren im Amazonas oder vor allem auf Galapagos.

 

Die Effizienz der Arbeitsweise lässt auch hier zu wünschen übrig. So fühlen wir uns erst im gefühlt zehnten Reisebüro richtig für Galapagos beraten, als wir bei einer Schweizerin landen. Ein Schild wird von 5 Arbeitern aufgehängt. Was uns überrascht, das hier auch Frauen auf dem Bau arbeiten.

 

Man trifft hier häufiger auf Menschen indigener Herkunft. Die Meisten sind sehr freundlich und hilfsbereit. Bei Agenturen, Bus- und Taxifahrern muss man jedoch aufpassen, da die oft nur das Geld sehen. 

 

Zum Glück gibt es sehr viel Natur, welche die schwarzen Abgaswolken der meist sehr dürftigen Fahrzeugen säubern kann. Die Strassenverhältnisse sind auch nicht immer befriedigend. Einmal war die eine Fahrbahnhälfte beispielsweise total eingestürzt.

 

Gegessen haben wir meist die im Preis-Leistungs-Verhältnis sehr fairen Menus bestehend aus Suppe, Limonade und Hauptgang (Fleisch oder Fisch, mit Reis, Bohnen und Salat).

 

Wenn man in Ecuador ist empfehlen wir wärmstens genügend Geld anzusparen um einen Halt in Galapagos zu machen. Es lohnt sich definitiv! Aber aufgepasst beim Flüge buchen. Es gibt unterschiedliche Preise für Ausländer und Einheimische wie auch bei Taxifahrten etc.

 

Preise (pro Person):

 

Bett in einem Hosteldorm 7-12 Fr.

Doppelzimmer in einem Hostel: 12 - 30 Fr.

Frühstück: ca. 4 Franken

Lunch- Dinnermenü: 2 - 4 Franken

1L Wasser: ca. 0.80 Fr.

Pizza in einem Mittelklasse-Restaurant: ca. 10 Fr.

Bier: 0,50 - 1.50 Fr.

Cocktails: 2.50 - 5 Fr.

Langstreckenbus: 3 Stunden ca. 4,5 Fr.

 

Innerortsbus: 0,25-0,50 Fr.

 

In freier Wildbahn gesehene Tiere (ohne Galapagos)

 

Quetzal (costa rica)
Ara (costa rica)
Beide tukane (costa rica)
Blaue und grüne kolibris (costa rica/panama)
Grüne schlange (costa rica)
Braune diamant schlange (costa rica)
Dunkle ungiftige schlange (panama)
Zweifinger faultiere (costa rica/panama)
Dreifinger faultiere (costa rica)
Ameisenbär (costa rica)
Erdbeerfrosch (costa rica)
Gelbschwarzer frosch (costa rica)
Rotäugiger frosch (costa rica)
Guatasa (costa rica)
Klammeraffe (costa rica)
Brüllaffe (costa rica)
Kapuzineraffe (costa rica)
Tapir (costa rica)
Wildschwein (costa rica)
Farbiger krebs (costa rica/kuba)
Weissriff hai (costa rica)
Rochen (costa rica)
Muräne (costa rica/kuba)
Verschieden farbige fische (costa rica/kuba/panama)
Lobster (costa rica)
Seestern (panama)
Delfin (panama)
Leguan (costa rica)
Drachenechse (costa rica)
Tarantel (panama)

Meeresschildkröten (Panama)
Jaguarundi (Panama)

Tintenfisch (Panama)

Flamingos (Kolumbien)

Cayman (Kolumbien)

Wüstenfuchs (Kolumbien)

Skorpion (Ecuador)

Lobster-Heuschrecke (Ecuador)

Anakonda (Ecuador)

Skorpion-Spinne (Ecuador)

Stinky-Bird (Ecuador)

Whip Snake (Peitschennatter) (Ecuador)

Aninga (Snakebird) (Ecuador)

Tiger harrom (Ecuador)

Ring Kingfisher (Ecuador)

Amazon Kingfisher (Ecuador)

Yellow Handed Titi Monkey (Ecuador)

Wolly Monkey (Ecuador)

Tamarin Monkey (Ecuador)

Totenkopfaffen (Ecuador)

Flying Monkey (Ecuador)

Blackcayman (Ecuador)

Kuckuck (Ecuador)

Black Kara Kara (Ecuador)

Buckelwal (Ecuador)

Blaufusstölpel (Ecuador)

Fregatten (Ecuador)